Elmar Otto über Sommerinterviews.

Auch in dieser Woche kommen wir am MDR-Sommerinterview nicht vorbei. Am Freitag stellte sich Bodo Ramelow den Fragen im Erfurter Funkhaus. Sie wissen schon, der Sozialdemokrat, der sich seit gut zwei Jahrzehnten als Linker ausgibt und seine Genossen aktuell immer wieder zu ungeahnten Höhenflügen in den Umfragen führt.

Der Auftritt des Ministerpräsidenten war zahm bis sachlich. Er präsentierte sich landesväterlich und vergleichsweise souverän. Wer ihn kennt und schon mal aufbrausend, impulsiv und wenig staatsmännisch erlebt hat, wurde geradezu enttäuscht.

Ramelow ließ sich nicht hinreißen, aus der Haut zu fahren. Auch das beständige Nachhaken wegen seines rüpelhaften Auftritts im Landtag, als er dem AfD-Abgeordneten Stefan Möller den Mittelfinger entgegenstreckte und ihn einen „widerlichen Drecksack“ nannte, parierte er gelassen: Er habe sich nicht auf dieses Niveau begeben dürfen. „Das bleibt mein Fehler.“

Zwei Nachrichten zu verkaufsoffenen Sonntagen und zusätzlichen Verfassungsschutzstellen hatte der handzahme Wüterich auch noch im Gepäck. Und gut war’s.

Der dienstägliche Dialog des MDR gestaltete sich eigentlich ähnlich unspektakulär. Allerdings war im Vorfeld viel diskutiert worden, ob man den Gesprächspartner überhaupt einladen darf. Und das überregionale Echo war besonders groß. Außerdem gab es aufschlussreiche Einblicke in eine deutschalternative Welt.

Zu Gast war Björn Höcke. Der öffentlich-rechtliche Sender servierte also innerhalb weniger Tage eine gelungene Rechts-Links-Kombination.

Höcke, der bekannte Historiker, der hauptamtlich als Oppositionsführer im Landtag wirkt und sowohl an der Spitze von AfD-Fraktion als auch Landespartei steht, erzählte ein bisschen über den „Flügel“. Der wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im März als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ eingestuft. Die inzwischen aufgelöste Rechtsaußen-Bewegung der Partei ist laut Höcke dazu da gewesen, „dass man auch mal fröhlich zusammen ist, unbeschwert zusammen ist“.

Schön, dass er uns endlich aufgeklärt hat, dachten wir. Ansonsten hätten wir doch glatt dem BfV-Präsidenten Thomas Haldenwang geglaubt, der im Zusammenhang mit dem „Flügel“ davon sprach, dass „geistige Brandstifter“ gezielt Feindbilder schüren.

In Wahrheit haben aber wohl nur ein paar Tausend Gesinnungsgenossen „Kein schöner Land in dieser Zeit“ geträllert.

Auch auf einem anderen Gebiet haben wir Höcke völlig falsch eingeschätzt. Ausweislich seiner Expertise als Infektionsmediziner (von der wir gar nicht wussten) sagte er nämlich: „Corona ist vorbei. Und Corona wird auch nicht wiederkommen.“

Was für ein multitalentierter Teufelskerl, dieser Höcke, schoss uns durch den Kopf. Selbst den Wissenschaftlern des Robert-Koch-Instituts erklärt er mal eben ihren Job.

Aber irgendwie sind wir auch froh. Und zwar, dass der studierte Pädagoge seine Weisheiten zurzeit nicht direkt im Unterricht an Schulkinder weitergibt.

Landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de