Gerlinde Sommer zum Tage.

Liebe Leserinnen, liebe Leser. Als ich in den Nullerjahren erstmals in Thailand war, habe ich in den Geschäften gesehen, dass regalmeterweiße Salben angeboten wurden, die „Whitening Creme“ hießen. Also Weißmacher-Creme. Das dürfen Sie sich nun aber nicht wie ein helles Make-up vorstellen. Die echten W-Cremes versprechen, tatsächlich die Haut aufzuhellen. Ein Eingriff in die äußere Schicht also – und daher mehr als nur ein kosmetisches Produkt.

Nun ließe sich bei oberflächlicher Betrachtung entgegnen: Na ja, das ist doch so ähnlich wie diese karottenfarbene Bräunungscreme, die ja in der westlichen Welt bis vor Kurzem bei diesem stets orangegesichtigen Mann sehr beliebt war. Wer genau hinschaute, konnte gar nicht mehr wegsehen, weil die Creme im Bereich des schütteren Haaransatzes meist völlig unprofessionell verschmiert worden war. Schön war anders. Aber wer weiß: Er fühlte sich so wahrscheinlich noch weiser – oder weißer. Oder schöner.

Aber zurück zu Aufheller-Cremes, die die Haut angreifen und die in Aussicht stellen, dass die obere Hautschicht nicht mehr so schimmert, wie es in Thailand normal, aber oft nicht erwünscht ist. Je dunkler die Haut, desto geringer die Herkunft: So lautet der Kurz- und Trugschluss. Wobei diese Behauptung vor allem für Frauen gilt. Männer weißen sich nicht in dem Maße, weil die Gesellschaft ihren Stellenwert nach anderen Maßstäben bemisst.

Mit dem Aufhellen soll also Anschluss nach oben gefunden werden. Und insofern hat dies wenig bis nichts mit dem Schwarzmalen zu tun, das neuerdings in breiteren Kreisen kritisch gesehen wird, weil damit oft nicht Wertschätzung, sondern eine Abwertung zum Ausdruck gebracht werde, wie es heißt.

Weißzwang geht auch anders: Bei Ballettgruppen ist das gerade ein großes Thema: Was ist wohl gemeint, wenn es heißt, dass alle einheitlich hautfarbene Beinkleidung unterm Röckchen tragen sollen? Welche Hautfarbe dominiert?

Ich finde, zu diesen Fragen wird viel gesagt. Im besten Falle sind es differenzierte, auch pointierte Beiträge. Und es gibt die anderen, die behaupten – weil sie vom Kernthema gar nicht betroffen sind –, dass schon das Ansprechen dieser gesellschaftlichen Herausforderungen unsere schöne Kultur einschränke … Ich sage: Nachdenken ist nicht nur erlaubt, sondern erwünscht.