Gerlinde Sommer über eine Unkultur des Wegschauens.

Während am Donnerstag in Erfurt zum Umgang mit dem Missbrauch eine Pressekonferenz stattfand, an der ein Kollege teilnahm, wurde in Köln von der großen Überprüfung im dortigen Bistum berichtet, live im Netz. Es wurde nicht nur ein dicker Prüfbericht an den Kardinal übergeben, dieser zog als erste Maßnahme personell in zwei Fällen Konsequenzen. Das, so wurde deutlich, wird nur der Anfang sein. Der Kardinal kann nicht über alle Beteiligten, die halfen, Taten zu vertuschen und Täter zu schützen, entscheiden, da sie zum Teil hohe Würdenträger sind. In diesen Fällen hat Rom das Sagen.

Lange, zu lange für die Betroffenen hat all dies gedauert. Schonungslos angesprochen wurde in dem Zusammenhang auch, wie unterschiedlich früher Missbrauchsfälle behandelt wurde: oft rascher Durchgriff bei weltlichen Beschuldigten, Verschweigen, Vertuschen, Marginalisieren dagegen im Bereich „eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“.

Typisch für autoritäre Strukturen und Organisationen ist, dass sie Verfehlungen ihrer Führungskräfte dulden, wenn nicht sogar fördern. Es gibt dort eine Unkultur des Wegschauens. Das alles hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass Organisationen mit solchen Problemen fast immer mit Blick auf die Führung und das Personal aus einer eng begrenzten Gruppe ähnlich sozialisierter Personen bestehen, die auf ein eigenes Recht pochen. Das muss ein Ende haben. Ein für alle mal: Keine Sonderrechte, keine Sondergerichtsbarkeiten, schon gar nicht, wenn es um Strafrecht geht.

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