Gerlinde Sommer findet, dass das Entjudungsinstitut muss als Mahnung dienen.

Die erste Ausstellung zum Entjudungsinstitut habe ich vor einer Reihe von Jahren auf der Schwäbischen Alb gesehen. Das war kein Zufall: Der dortigen evangelischen Gemeinde war das Thema wichtig.

Schüler des Eisenacher Luther-Gymnasiums hatten Schautafeln erarbeitet – und auf die Reise geschickt. Das bedeutet: Das Thema war hierzulande durchaus präsent, allerdings nicht in der breiten Gesellschaft. Der Mantel des Schweigens war schon lange ausgebreitet worden. Das selbstverordnete Vergessen hatte gleich nach der Nazizeit begonnen – ein durchaus gesamtdeutsches Phänomen.

Umso wichtiger, dass jetzt – 80 Jahre nach Gründung dieser ebenso menschenverachtenden wie pseudowissenschaftlichen Einrichtung auch die Frage in den Mittelpunkt rückt, wie sich Glaubenskrieger in der evangelischen Kirche vom Bodensatz zur Elite entwickeln konnten. Auf die irre Idee, alles Jüdische aus den heiligen Schriften, aus den Gesängen und Gebeten streichen und die Herkunftsfamilie Jesu vergessen machen zu wollen, muss ja erst mal jemand kommen. Und dieser Personenkreismuss immer mehr Menschen beeinflussen, um Macht zu gewinnen. Irgendwann erreicht der Irrsinn allein durch seine schiere Anhängerschaft eine relevante Größe. Dies lässt sich nicht nur beim Blick zurück und nicht nur bei Religionen beobachten. Insofern kann jeder aus der kurzen Erfolgsgeschichte des Entjudungsinstituts viel darüber erfahren, welche Gefahren durch Pseudowissenschaft und Menschenfeindlichkeit auch heute drohen können.