Gerlinde Sommer über eine Rede der Gedenkveranstaltung zur Auschwitz-Befreiung.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Er war siebeneinhalb Jahr alt und für die Nazis nur eine Nummer: 117.030. So kam er nach Buchenwald. Vater und Mutter verloren, nur von seinem Bruder begleitet und beschützt. Der kleine Junge überlebte – und tat, was seine Mutter ihm mit auf den Weg gegeben hatte. 37 Rabbiner hatte es in den Generationen vor ihm in der Familie gegeben. Er wurde der 38.

Beim Gedenken der Befreiung von Auschwitz vor 75 Jahren hat jetzt Rabbi Israel Meir Lau eine bewegende Rede gehalten. Er war nicht der Einzige, aber über seine Worte schreibe ich hier, weil sie in direkter Verbindung mit uns stehen. Vergessen und verziehen, eine neue Seite im Geschichtsbuch aufschlagen: Das könne er nicht. Das habe ihm seine Mutter nicht aufgegeben. Darüber habe er auch – als er 50 Jahre nach der Befreiung Buchenwalds in Weimar war – gesprochen. Wie konnte ein Kind von siebeneinhalb Jahren eine Nummer, ein Häftling sein? Das ist die Frage, die ihn noch immer bewegt.

Rabbi Israel Meir Lau will nicht vergessen. Aber all den Politikern, die sich in Israel kurz vor dem 27. Januar versammelt hatten, gab er eine Geschichte aus dem Alten Testament mit auf den Weg. Bei Noah schaffen es alle Tiere, 150 Tage friedlich in der Arche zu überleben. Diese Geschichte sollte den Menschen, den Staatenlenkern, ein Ansporn sein.

Rabbi Lau rät, Brücken zwischen den Menschen zu bauen.

In Weimar werden kurz vor dem 75. Jahrestag der Befreiung von Buchenwald Anfang April fünf Dutzend Überlebende und fast ein Dutzend Soldaten erwartet, die damals als Angehörige der US-Armee als Befreier auf den Ettersberg kamen. Es geht darum, das Gedenken über den Tag des letzten Überlebenden hinaus wach zu halten. Und es geht um die Frage, wie es die Menschen schaffen, in Frieden miteinander zu leben.

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