Gerlinde Sommer zum Tage.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Es hat geregnet. Doch zum Abend hin wird es trocken – und es nicht zu kalt für eine Vorstellung draußen. So sitzen wir draußen auf dem Hof der alten Feuerwache in Weimar abends um halb neun an diesem Dienstag und erleben beim Kunstfest Steve Karier.

Er ist ein Suchender und ein Fragender. Er erzählt, was er selbst über Thüringen herausgefunden hat, was ihm Thüringer geschrieben haben, und er spricht über die Verbindungsstränge zwischen Thüringen und seiner Heimat Luxemburg gibt. Seine Heimat könnte auch Niedersachsen sein, denn er spricht ein sehr angenehmes Bühnen-Hochdeutsch, das so gar nicht von oben, aber auch nicht aus dem Alltag kommt. Dieser Abend funktioniert aber vor allem deshalb, weil Steve Karier kein Westdeutscher, sondern ein Ausländer ist. Einer, der nicht fremd erscheint –und nicht gefährlich.

Das erzählt viel mehr über uns Menschen aus den unterschiedlichen Landstrichen Deutschlands als über den Kunstfestabend selbst. Karier kommt mit seinem sehr genau durchdachten, mehrbödigen Stück „Schwimmen nach…“ viel herum in Thüringen. Heute Suhl, morgen Gera, am Samstag Gotha… In Weimar mag manches anders sein: Schon die Frage ans Publikum, wer denn hier geboren sei, zeigt im Halbdunkel der einbrechenden Nacht, dass so viele Finger nicht nach oben gehen. Karier hat nach einem Aufruf viel Post von Thüringern erhalten, darunter der Text eines etwa 30-jährigen Geraers an seine Stadt. Es ist ein besonders bewegender Moment, als Karier diesen Liebesbrief an die schwierige Heimat vorträgt. Ein Lob dem Kunstfest und dem Künstler für diesen Abend.

Wenn Sie Gelegenheit haben, Karier zu erleben: Lassen Sie sich „Schwimmen nach…“ nicht entgehen. Es gilt seit 1990: Wir sollten uns viel mehr voneinander erzählen, um uns besser zu verstehen.

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