Gerlinde Sommer zum Tage.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Heutzutage wird darum gestritten, ob es wichtig ist, bei jungen Menschen, die studieren, deutlich zu machen, ob sie Männer oder Frauen sind. Jedem und jeder steht es zu, dass sie oder er sich dazu äußert. Und dann nehmen wir zur Kenntnis, dass einer findet, Frauen sind mitgemeint. Oder ob jemand darauf pocht, es genügt nicht, wenn nur Männer und Frauen benannt werden …

Ich will diese Auseinandersetzung nicht kleinreden. Ich will sie nur um einen kleinen Satz bereichern, der in unserer Sondernummer der Thüringischen Landeszeitung vom 24. September 1945 im Text „Studienaussichten und Bildungswesen“ stand. Der Satz, der einen eigenen Absatz bildet, geht so: „Auch Studentinnen können wieder zum Studium in allen Fakultäten zugelassen werden.“

Was in diesem Satz alles steckt, das lohnt längeres Nachdenken. Und wer in seiner Familie mal bis zur vorvergangenen Jahrhundertwende zurückschaut, der weiß auch, wie Mädchen und Frauen systematisch der Zugang zu vielen Ausbildungen verwehrt wurde.

Ebenfalls in der ersten TLZ-Ausgabe steht eine Anzeige der Thüringischen Handwerkskammer, die für die Meisterschule in Weimar wirbt – angesprochen werden Tischler, Schuhmacher, Friseure, Herrenschneider. Dass Frauen nicht mitgemeint sind, ergibt sich aus dem Hinweis auf einen Kurs für Damenschneiderinnen.

Übrigens sucht in der ersten regulären Nachkriegs-TLZ auch die Verlagsleitung Mitarbeiter. Da werden viele Gruppen genannt: Berichterstatter, Redakteure, Setzer und Korrektoren, Metteure und Drucker, Verkäufer – und ja, auch Frauen: Zeitungsträgerinnen.
Der frische Wind einer neuen, freien Zeit, wie es hoffnungsvoll heißt, musste also im Laufe der Jahre kräftig auffrischen. Heutzutage ist das ganz weit weg. Oder doch nicht? Manche Politvorstellung zur Stellung der Frau zielt auf ein, zwei Rollen rückwärts.

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