Gerlinde Sommer über Menschen, die nicht schlauer sein wollen als die Fachleute.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Brigitte ist jetzt 77 geworden – und hat erstmals mutterseelenallein ihren Geburtstag verbracht. Brigitte ist 77 geworden – und sie ist eine sehr vernünftige Frau. Deshalb war es für sie auch eine Selbstverständlichkeit, an diesem Tag keinen einzigen Besucher in die Wohnung zu bitten. So etwas sei eben der momentanen Situation geschuldet, schreibt sie mir.

Wir kennen uns, seitdem ich in Thüringen bin. Sie war damals zehn Jahre jünger als ich jetzt bin. Über unser aller Alter hatte ich mir da keine Gedanken gemacht. Jetzt schon, denn plötzlich gehören kerngesunde Menschen, die nur wenig älter sind als ich, zur Risikogruppe – und wenn sie Vorerkrankungen haben, sind sie Teil der Hochrisikogruppe.

Und zugleich trudeln hier immer mal Schreiben ein, in denen jemand meint, er habe gehört, das sei doch alles gar nicht so schlimm… Als handele es sich hier nur um die Frage, ob sich Rücksicht lohne oder ob es einfach um natürliche Auslese gehe. Natürlich? Im Akutfall hätten aber wohl selbst Maulhelden gern ein Intensivbett. . .

Wie gut also, dass es ziemlich viele Menschen gibt, die jetzt nicht versuchen, schlauer zu sein als die anerkannten Fachleute, die wir im Bereich von Infektionen, Viren und Epidemien haben. Selbstverständlich stehen Forscher und Ärzte nicht außerhalb jeglicher Kritik. Und wie immer, so passieren auch jetzt Fehler – aus denen wir hoffentlich lernen können. Aber nicht jeder in eine Frage gekleidete Zweifel ist berechtigt. . .

Zurück zu Brigitte. Sie musste vergangene Woche raus, weil sie große Zahnprobleme hatte. Ihr konnte geholfen werden. Und dann kam der einsame Geburtstagssonntag. Aber, schreibt sie, es gibt ja Festnetz und Handy. Mit Bekannten hat sie sich für 20 Uhr auf ein Glas Sekt verabredet. Fernmündlich Prosit. Und Gesundheit.

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