Gerlinde Sommer über das Misstrauen gegenüber Unmaskierten in Corona-Zeiten.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Gestern im Regionalzug sitzt in meiner Nähe eine junge unmaskierte Frau. Als der Kartenkontrolleur kommt und sie daraufhin anspricht, sagt sie, dass sie eine Befreiung habe. Ich muss dazu anmerken, dass keiner der maskierten Fahrgäste diese Frau vorher böse angeschaut oder angequatscht hätte. Wahrscheinlich dachte jeder: Sie wird ihre guten, medizinischen Gründe haben…

Ein älterer Leser erzählte mir jüngst am Telefon, dass er wegen seiner Asthma-Erkrankung vom Arzt aus keine Maske tragen soll und eine Befreiung besitze. Aber er sei schon richtig böse angemacht worden – beim Einkaufen etwa. Da habe man ihn bereits beim Eintreten in ein Einkaufszentrum rüde angesprochen und abgewiesen.

Sicherlich gibt es ganz unterschiedlich gut geschultes Sicherheitspersonal. Mancher versteckt auch seine Verunsicherung hinter rabiatem Auftreten. Eigentlich leben wir ja in einem Land, in dem viele Menschen versuchen, auf Kranke und Leidende Rücksicht zu nehmen. Nur: Veräppeln lässt sich halt auch keiner gern. Wenn also auf einem Rollstuhlfahrer-Parkplatz ein Auto steht ohne Berechtigungsschild hinter die Frontscheibe, denken die meisten: Betrug – und nicht: Das ist verrutscht. Und wenn die Zahl der Maskenverweigerer viel größer ist als die Zahl derjenigen, die aus gesundheitlichen Gründen etwa in Bus und Bahn zurecht vom Tragen befreit ist, gibt es ein generelles Misstrauen gegen Unmaskierte…

Ich finde es problematisch, wenn wir uns durch solche Querschussaktionen verunsichern lassen. Ich verstehe durchaus, dass das genau das Ziel derer ist, die ihr Ego über den Schutz ihrer Mitmenschen stellen. Das ist eine bedauerliche und gefährliche Entwicklung.

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