Gerlinde Sommer über Befindlichkeiten, wenn es um die Herkunft geht.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Am Mittwoch war Marco Wanderwitz zunächst bei uns in der Chefredaktion in Weimar, dann ging es rüber nach Erfurt in den Zughafen zur Debatte „Wir sind der Osten“. Es zeigte sich für uns im Publikum schnell, dass es nicht einfach sein würde, die Gruppe derer zu bestimmen, die ostdeutsch sind. Wanderwitz (44) etwa lehnt das für sich ab. Er ist Erzgebirger, Sachse, Deutscher, Europäer...

Andere, die zu DDR-Zeiten kaum das Pioniertuch binden konnten oder grade mal Richtung Jugendweihe schritten, pochen sehr deutlich darauf, sich als Ostdeutsche zu definieren. Nach Erfahrung derer, die „Wir sind der Osten“ ins Leben gerufen haben, will etwa ein Drittel sich so verstanden wissen und definiert sich auch so.

Wenn man – wie ich – seit 30 Jahren in diesem Land lebt, kennt man die Wiederkehr solcher Debatten. Und man bemerkt die Veränderung im Zungenschlag wechselnder Generationen. Es gibt offenbar unterschiedliche Gruppen mit klarem Abgrenzungsbedürfnis von dem, was sie für westdeutsch halten. Wobei die Menschen aus der alten Bundesrepublik ja meist nicht sich selbst für westdeutsch halten, sondern nur die Menschen in der Kernzone des Westdeutschen Rundfunks (WDR). Die anderen sind nach dieser Lesart Süd- oder Norddeutsche. Und die Hessen könnten beinahe mitteldeutsch sein, wenn dieser Begriff nicht an den Osten vergeben wäre...

Jedenfalls meldete sich eine Frau, die bereits ihr halbes Leben in Erfurt verbringt und deren Kinder dort sozialisiert sind. Als in Bayern Geborene wollte sie wissen, wie es sich mit ihrem Ostdeutsch-Sein verhalte. Das wurde ihr von der inoffiziellen Sprecherin des Ostdeutschen-Verbandes vehement und lebenslänglich abgesprochen… Die Erfurterin ist ja auch etwas ganz anderes, womöglich viel besseres: Thüringerin. Wahlthüringerin. Mehr geht kaum ;-)

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