Gerlinde Sommer über alte Fotos, die in Erinnerung bleiben.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Vieles von dem, was wir über die Vergangenheit zu wissen glauben, wird durch Fotos geprägt. Ich kann das schon deshalb behaupten, weil für meinen Großvater väterlicherseits gleich nach dem Ersten Weltkrieg eine Kamera gekauft wurde, mit der er sich im Nebenerwerb selbstständig machte und so das Bild vieler Familien in seinem Dorf und in den Dörfern drumherum bestimmt hat. Ich habe mir bereits als Kind diese Bilder immer gerne angeschaut. Und jetzt, da diese Zeit 100 Jahre zurückliegt, sind diese Eindrücke noch stärker. So war es damals, sagen die Fotos...

Vom Kleinen – dem Familienporträt – zum Großen: In diesem Fall also zu einem der stilbildenden Fotografen des Bauhaus’. Erich Consemüller hat eine ganze Reihe jener Bilder gefertigt, die typisch für diese Ära sind. Da ist die maskierte Frau im Sessel von Marcel Breuer. Da ist Breuer mit drei Bauhaus-Studentinnen. Der Fotograf rückt gerade jetzt wieder ins Licht der Öffentlichkeit – und zwar bei einer Ausstellung in Lille in Frankreich. Lille gehört zu jener Region, mit der Thüringen partnerschaftlich verbandelt ist.

Consemüller kam als angehender Tischler aus Bielefeld nach Weimar – und legte hier auch seine Gesellenprüfung ab. 1929 erwarb er in Dessau das Bauhausdiplom in der Bauabteilung und arbeitete unter anderem in Architekturbüros. Für seinen Nachruhm entscheidend aber ist ein Auftrag von Walter Gropius: Zur Unterstützung von Lucia Moholy war der Student an der Dokumentation von Bauhausräumen und Werkstattarbeiten mit der Kamera im Einsatz. Die Bilder hinterlassen einen prägenden Eindruck. Gerade weil sie gestellt sind – das war schon wegen der Belichtungszeit nötig. Sie wirken besonders authentisch nach dem Motto: So muss es gewesen sein. Vielleicht nicht alle Tage, aber doch im entscheidenden Moment...

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