Gerlinde Sommer zum Tage.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Jetzt lockern sich die Zügel, die wir uns selbst angelegt haben. Denn es ist ja durchaus so, dass sich in den vergangenen Wochen nicht nur die paar Leute, die angezeigt wurden, nicht an die Regeln gehalten haben. Es gab eine Menge von kleineren und größeren Verstößen – und es wäre gegen alle Lebenserfahrung, wenn kaum einer versuchen würde, sich gegen einzelne Festlegungen zu wenden, weil er sie für nicht sinnvoll hält. Nehmen wir mal das Thema: Enkel sollen ihre Großeltern nicht sehen. Das hat die 25 Jahre alte Frau, deren Großmutter 85 und gebrechlich ist, auf den ersten Blick überzeugt – und so hat sie ihr die Einkäufe vor die Tür gestellt und ist nicht in die Wohnung gekommen.

Die 50 Jahre alte Oma aber wird sich nicht angesprochen fühlen, zumal sie mehr Zeit zur Kinderbetreuung hat, seit das Fitnessstudio geschlossen ist. Und viele Menschen, die Ende der 1950er-Jahre geboren und nicht gesundheitlich angeschlagen sind, wundern sich noch immer, warum sie gerade noch „Best Ager“ und nun generell Risikogruppe sein sollen.

All das zu bedenken, wird nun noch wichtiger, wenn wir gar nicht mehr gegen Regeln verstoßen beim Familientreffen mit Urahne, Großmutter, Mutter und Kind, die da in der Stube oder im Garten beisammen sind. Zwei Hausstände, die sich vom 13. Mai an treffen dürfen, sind bald selbst dafür verantwortlich, dass eben nicht die 90-Jährige und der jüngste Nachwuchs in Gefahr gebracht werden durch Kuscheleinheiten. Auf den Handschlag würde ich in der Familie wie in der Öffentlichkeit noch lange verzichten. Das ist nicht unhöflich, das geschieht aus Rücksicht auf Schutzbefohlene, zu denen neuerdings nicht nur die Kleinkinder und betagten Anverwandten, sondern alle zählen. Ich bin dafür, die Gefahr weiterhin durch weniger Nähe zu mindern. Das kann uns mit aller Höflichkeit gelingen.

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