Gerlinde Sommer zum Tage.

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Im Mai soll in Jena-Winzerla ein Platz nach Enver Simsek benannt werden. Das haben Bürger und Ortsteilrat auf den Weg gebracht und der Kulturausschuss ist diesem Vorschlag schon vor längerer Zeit gefolgt. Enver Simsek? Der Blumenverkäufer wurde am 11. September 2000 in Nürnberg ermordet. Er war – wie sich viel später herausstellte – das erste Opfer der Mordserie der terroristischen Vereinigung „ Nationalsozialistischer Untergrund“, die aus Jena stammt.

Jüngst war Semiya Simsek in Weimar, um hier mit Regisseurin Aysun Bademsoy den Dokumentarfilm „Spuren“ vorzustellen. Semiya ist Envers Tochter. Sie hat als Mädchen erlebt, wie Ermittler versuchten, ihre Familie zu kriminalisieren. Auch bei den Hinterbliebenen anderer NSU-Opfer gab sich der Verfassungsschutz ahnungslos und die Polizei folgte vor allem ihren eigenen Vorurteilen nach dem Motto: Der Mörder stammt entweder aus der Familie oder aus einem gewiss mafiösen Umfeld. Drogen, Geldwäsche, Prostitution… Nichts davon war richtig.

Aber diese fehlerhafte Polizeiarbeit und die noch immer ungeklärte Rolle all der Schlapphüte (Verfassungsschützer möchte ich sie in diesem Zusammenhang nicht nennen) trug dazu bei, dass der NSU so lange morden konnte.

Als jetzt der Film im Weimarer Mon ami im Beisein von Semiya Simsek gezeigt wurde, blieben viele Plätze im Kino leer. Mit den Opfern und den Hinterbliebenen wollen viele Menschen offenbar nichts zu tun haben. Die Beschäftigung mit Tätern scheint sehr viel intensiver, zumal sie nach und nach wieder mitten unter uns sein werden.

Der Film „Spuren – die Opfer des NSU“ ist noch bis Mittwoch, 19. Februar, immer um 19 Uhr im Mon ami am Weimarer Goetheplatz zu sehen.

Im Mai will Semiya Simsek nach Jena kommen, wenn dort das Andenken an ihren Vater geehrt wird.

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