Gerlinde Sommer über eine bewegende Autobiografie.

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Bisweilen erhalte ich Bücher, die nicht für den großen Markt bestimmt sind – und die ganz tiefe Einblicke in die Lebenswelt dessen geben, der da seine Erfahrungen und Erinnerungen aufgeschrieben hat. So ein Buch hat mir auch der Eichsfelder Gottfried Kunkel geschickt: „Kreuz des Osten. Es begann in Polen“ nennt er seine Autobiografie, die in der Erstauflage den Kunstpreis des Bundes der Vertriebenen Thüringen erhalten hatte. Jetzt liegt die zweite erweiterte Auflage vor – mit mehr als 580 Seiten.

Der Mann, der seine Kindheit nahe der Stadt Lódz verbrachte, hat detailreich aufgeschrieben, wie das Leben seiner Vorfahren und Eltern sich gestaltete und in welche Familie er hineingeboren wurde. Dieses ländliche Idyll sollte mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs ein Ende haben. Die Judenverfolgung beginnt. Ein Pastor wagt deutliche Worte… Anfang 1945 muss die deutsche Familie gen Westen fliehen; Kunkels sind jetzt Vertriebene. Es beginnt unter neuen Voraussetzungen ein DDR-Leben. Kunkel verbindet die Erzählung seines Lebensweges mit dem Blick auf die große und kleine Politik. Kunkel wird später Lehrer, berichtet einiges speziell auch über die Staatsbürgerkunde. Der Mann erlebt nicht nur manche Enttäuschung im Menschlichen, gerade auch mit Blick auf die Zeit der Wende. Viel härter trifft ihn der Verlust der Tochter durch einen Unfall, dessen Hergang Fragen aufwirft. Auf- und Umbrüche gilt es mehrfach zu bestehen.

Natürlich ist so eine Autobiografie vor allem für die nächsten Angehörigen und manche Zeitgenossen von Interesse. Aber diese Aufzeichnungen sind es zudem wert, archiviert zu werden, um späteren Generationen anhand solcher ganz persönlichen Geschichten das Leben im 20. Jahrhundert verständlicher zu machen.

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