Von Immanuel Voigt.

Ein wenig ist er ja untergegangen im aktuellen Geschehen um die Corona-Pandemie. Die Rede ist vom zweiten Geburtstag, den das Land Thüringen in diesem Jahr feiern kann. Vor 100 Jahren wird das Land Thüringen gegründet, am 3. Oktober 1990 folgt aber auch die Neugründung das Bundeslandes Thüringen, das damit 30 Jahre alt geworden ist. Die Weichen dafür werden bereits während der friedlichen Revolution gestellt, als immer klarer wird, dass die einstigen Länder, die sich bis 1952 auf dem Territorium der DDR befanden, wiederhergestellt werden sollen.

Vor allem in Sachsen, Brandenburg und Thüringen gibt es auch nach 40 Jahren DDR ein starkes landsmannschaftliches Bewusstsein und Besinnen auf die eigene Landesgeschichte. Endgültig wird die Wiedergründung der fünf „neuen“ Länder am 22. Juli 1990 mit dem Landeseinführungsgesetz beschlossen. Dass hierbei die Bezirke Gera, Erfurt und Suhl den Kern Thüringens bilden, ist unstrittig. Dennoch müssen noch Details geklärt werden.

So soll beispielsweise das zum Bezirk Halle gehörende Artern nun auch nach Thüringen kommen, ebenso wie die aus dem Bezirk Leipzig stammenden Kreise Schmölln und Altenburg. Wobei die Bevölkerung des letztgenannten Kreises eigentlich für eine Zugehörigkeit zu Sachsen votiert, dann aber vom Kreistag überstimmt wird. Andere Kreise wie Naumburg, Weißenfels oder Sangerhausen würden gerne dem neuen Bundesland angehören, allerdings findet ihre Stimme kein Gehör, trotz Bürgerinitiativen. Mit einer Fläche von etwas mehr als 16.000 Quadratkilometern und 2,6 Millionen Einwohnern gehört Thüringen nach seiner Wiedergründung eher zu den kleinen Bundesländern.

Gut zwei Wochen nach der Landesneugründung findet die erste Landtagswahl statt, aus der die CDU mit gut 45 Prozent gefolgt von der SPD mit knapp 23 Prozent als Sieger hervorgeht. Am historischen Ort, im Weimarer Nationaltheater, konstituiert sich der Landtag feierlich am 8. November 1990 und wählt den von der CDU stammenden Josef Duchač zum ersten Ministerpräsidenten. Interessanterweise ist zu diesem Zeitpunkt die alte Frage nach der Hauptstadt noch nicht geklärt. Neben Erfurt und Weimar bewerben sich auch Jena, Gera und sogar Nordhausen. Schlussendlich läuft alles auf ein „Duell“ zwischen der Domstadt und der Klassikerstadt hinaus.

Am 10. Januar 1991 wird Erfurt schließlich zur Landeshauptstadt und zum Sitz des Parlaments gewählt. Am selben Tag wird auch das Thüringer Wappen als Hoheitszeichen verabschiedet. Neben den schon 1920 vorhandenen Farben weiß und rot, die nun den gekrönten ludowingischen Löwen zieren, der an die Landgrafen von Thüringen erinnern soll, kommen acht Sterne hinzu, die die einstigen thüringischen Kleinstaaten repräsentieren. Vor allem dank der Sterne unterscheidet sich das Wappen so vom ähnlich aussehenden Hoheitszeichen Hessens.

Um die Landesgründung abzuschließen bedarf es noch einer Verfassung. Hierfür wir vom Landtag ein Ausschuss einberufen, der im April 1993 seinen Verfassungsentwurf zur Diskussion vorstellt. Anschließend folgen noch Änderungen, etwa die Festlegung der Landesbezeichnung als „Freistaat Thüringen“. Als letztes der „neuen“ Länder verabschiedet Thüringen am 25. Oktober 1993 seine Verfassung, die durch eine Volksabstimmung 1994 mit mehr als 70 Prozent Zustimmung bestätigt wird.

Mit dieser Folge endet die Kolumne „100 Jahre Thüringen“.