Von Immanuel Voigt.

Innerhalb der Thüringer NSDAP galt Willy Marschler als „dienstältester Parlamentarier der Bewegung“. Doch in der Realität führt er sein Amt als Ministerpräsident von Thüringen nur auf dem Blatt aus, da er spätestens ab 1936 kaum mehr Machtkompetenzen besitzt. Auch sein Werdegang ist nicht der eines typischen Politikers.

Geboren wird Marschler am 13. August 1893 im niederschlesischen Liegnitz als Sohn eines Mühlenbesitzers. Nach dem Besuch der Volksschule beginnt er eine Kaufmannslehre im vogtländischen Adorf und arbeitet im Anschluss als kaufmännischer Angestellter. 1914 siedelt er nach Ilmenau über.

Während des Ersten Weltkrieges dient Willy Marschler als Infanterist und wird dabei zwei Mal verwundet. Zum Jahresende 1918 kehrt er an die Ilm zurück und betätigt sich zunächst als Handlungsgehilfe. Später besitzt er eine Eisenwarenhandlung. In dieser Zeit beginnt auch sein politisches Engagement, zunächst beim konservativen „Deutschnationalen Handlungsgehilfenverein“.Im Herbst 1922 tritt er der NSDAP Ortsgruppe in Ilmenau bei und lernt Fritz Sauckel kennen. Ein richtungsweisender Schritt für Marschler, der seine weitere politische Karriere entscheidend prägen wird, da er sich fortan auf Landesebene für die NSDAP engagiert.

Der einstige Kaufmann ist dann auch einer der sieben Abgeordneten der „Vereinigten Völkischen Liste“, die einen Platz im Landtag bei der Wahl 1924 erringen können. Bis zur Aufhebung des Landtages im Oktober 1933 wird Marschler als Abgeordneter der Nazi-Partei im Parlament von Thüringen sitzen, da er sich nach der Neugründung der NSDAP 1925 dieser wieder anschließt und recht bald zum Gauschatzmeister aufsteigt.

Seinen eigentlichen Beruf übt er zukünftig nicht mehr aus, sondern widmet sich ausschließlich seiner politischen Karriere. Ein nächster Erfolg gelingt dem Ex-Kaufmann dann bei der Wahl 1929. Neben Wilhelm Frick ist es Willy Marschler, der für die Nationalsozialisten den zweiten Ministerposten als Staatsrat für das Gebiet Weimar ergattert. Allerdings besitzt er in dieser Position keinen eigenen Geschäftsbereich und steht auch sonst im Schatten von Wilhelm Frick.

1931 zum Rücktritt gezwungen, zieht es Marschler wieder in die Kommunalpolitik, wo er noch im selben Jahr zum Oberbürgermeister von Ohrdruf gewählt wird. Nach der „Machtübernahme“ durch die Nationalsozialisten wird der Thüringer Landtag Anfang Mai 1933 umgestaltet, wodurch Fritz Sauckel seinen Parteifreund Marschler zum Ministerpräsidenten von Thüringen ernennt. Ein Posten, der zwar in der darauffolgenden Zeit durchaus mit Macht aufgeladen wird, doch spätestens nach der „Gleichschaltung der Länder“ nur noch marginal wirkt.

Die gesamte Landesregierung besteht von 1936 bis 1945 faktisch nur noch aus dem Ministerpräsidenten und 20 Staatsräten. Dieter Marek beschreibt Marschler nicht als den fanatisch-skrupellosen Nationalsozialisten, wie es etwa Fritz Sauckel war. Sein Urteil ist dennoch eindeutig, wenn er sagt, dass es gerade Männer wie Willy Marschler waren, die „durch unkritische Pflichterfüllung […] das Rückgrat des NS-Unrechtsregimes“ bildeten. 1945 wird Marschler von den Amerikanern interniert, krankheitsbedingt aber schon im Herbst 1946 wieder entlassen. Er lebt anschließend unbehelligt in Karlsruhe, wo er am 8. November 1953 stirbt.