Eindrucksvoll und einfallsreich widmet sich die Comic-Reihe „Elle(s)“ einem Mädchen mit gespaltener Persönlichkeit.

Neu in der Schule zu sein, ist nicht einfach, aber zum Glück ist Elle ein kontaktfreudiger, souveräner Teenager. Schnell findet sie Anschluss an eine etwas schräge, aber liebenswerte Clique, die jedoch bald feststellt, dass ihre neue Freundin nicht nur die Elle mit den pinkfarbenen Haaren ist. Es gibt noch die mit grünem, lila, blondem und brünettem Schopf – und egal, welche sich zeigt, die Gruppe erkennt „ihre“ Elle kaum wieder in den aggressiven, stummen, herumalbernden Mädchen, die ebenso plötzlich wieder verschwinden, wie sie erschienen sind.

Elles inmitten ihrer schrägen und liebenswerten Clique: Line, Maelys, Otis und Farid.
Elles inmitten ihrer schrägen und liebenswerten Clique: Line, Maelys, Otis und Farid. © Splitter/Toussaint/Stokart

Jede Persönlichkeit ist eigen, die Haarfarbe das Erkennungsmerkmal

Das kann ein versehentlicher Kuss sein, eine Gemeinheit der Klassen-Zicken oder die Sitzung beim Psychologen: Unvermittelt wechselt Elle die Persönlichkeit, für die Leserin sichtbar an der Haarfarbe in diesem Comic über multiple Persönlichkeitsstörung – die buchstäblich gespaltene Persönlichkeit. Bunte Haare allein reichen Kid Toussaint und Aveline Stockart zum Glück nicht aus. Für jede Elle entwickeln sie einen eigenen Charakter, samt spezifischer Mimik, Gestik und Kleidung. Räume und Situationen hingegen kennzeichnen sie mit wenigen Details, lenken nicht ab. Denn im Vordergrund stehen die Figuren, grundsätzlich freundlich und bunt. Bis auf eine, die sich nicht einordnen lässt, die mit neon-blauen Haaren tief in der Seele des Mädchens offenbar die Fäden zieht.

Schräge Clique ist Querschnitt des Teenagerspektrums

Umgeben wird sie von ihren Freundinnen und Freunden, die von der ziemlich verpeilten Line über den Mädchenschwarm Otis und den modebewussten Farid bis zu Maëlys, die einfühlsam und mit gesundem Menschenverstand das Zeug zur besten Freundin hat, einen Querschnitt des Teenagerspektrums bilden. Zudem zeigen sie verschiedene Wege, auf Elle ein- und mit ihrem Persönlichkeitswechsel umzugehen.

Kid Toussaint (Szenario), Aveline Stokart (Illu.), Désirée Schneider (Übers.): Elle(s) 1. Die Neuen. Splitter-Verlag, 96 Seiten, 16,95 Euro, ab 12
Kid Toussaint (Szenario), Aveline Stokart (Illu.), Désirée Schneider (Übers.): Elle(s) 1. Die Neuen. Splitter-Verlag, 96 Seiten, 16,95 Euro, ab 12 © Splitter-Verlag

Plakativ, aber behutsam und gerade deshalb so gut nachvollziehbar nehmen sich Toussaint und Stokart der Krankheit an, bei der die Seele auseinanderfällt, um sich zu schützen, und ein Mensch zu mehreren wird, ohne es zu wissen. Immer liegt ein traumatisches Erlebnis zugrunde. Bei Elle wird nur angedeutet, dass es daran liegen könnte, dass sie ihren Vater nie kennengelernt hat und ihre Mutter nicht über ihn spricht. Ein seltsamer Mann, der sie zu verfolgen scheint, tut ein Übriges, um Elle durch ihre Persönlichkeiten springen zu lassen.

Mit großartiger Farbgebung ziehen die Autorinnen uns ins Unterbewusste ihrer Heldin – und lassen uns dort mit einem gelungenen Cliffhanger zurück. Denn Elles Geschichte geht weiter: Der nächste Band erscheint im September.

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