Mildenfurth. Die Künstlerin aus Mildenfurth bei Gera ist 80 Jahre alt geworden. In Altenburg widmet man ihr derzeit eine Ausstellung

Ihren 80. Geburtstag hat die Künstlerin Marita Kühn-Leihbecher bislang nur im kleinen Familienkreis gefeiert. Auch eine Reise, wie zu ihrem 70., nach New York, gab es diesmal nicht. Die vielen Streiks allerorts, das will sie sich nicht mehr antun. Stattdessen hat sie ihren Geburtstag in Altenburg verbracht, wo ihr im Interim des Lindenau-Museums in der Kunstgasse 1 eine Kunstwand gewidmet ist.

Unter dem Titel „Papier zum Sprechen bringen“ werden 22 geschöpfte Arbeiten, Grafiken und Collagen von Marita Kühn-Leihbecher in einem wunderschönen Rahmen gezeigt. Bis zum 30. Juni sind ihre Papierarbeiten zu sehen – ein Streifzug durch 25 Schaffensjahre der Künstlerin. Dass man in Altenburg an sie gedacht hat, ihr eine so herzliche Ausstellungseröffnung bereitet hat, freut die sympathische Künstlerin überaus. Verdient hat sie es allemal, beherrscht sie doch meisterhaft das Arbeiten mit Papier und haben ihre Werke immer eine Qualität, die ihresgleichen sucht..

Stilles, fragiles Material

Die Arbeit „Landschaft des Himmels“ (2012) von Marita Kühn-Leihbecher aus Mildenfurth.
Die Arbeit „Landschaft des Himmels“ (2012) von Marita Kühn-Leihbecher aus Mildenfurth. © Marita Kühn-Leihbecher | Marita Kühn-Leihbecher

Papierarbeiten, dieses stille, fragile Material, das sich in der Gunst der Kunstinteressierten stets gegen traditionellere Genre durchsetzten muss, haben es Marita Kühn-Leihbecher schon ihr Leben lang angetan. Zunächst hat sie es gesammelt – bedruckt, gefärbt, geprägt, von ganz dünn bis zur Kartonstärke. Sie hat sie ergänzt mit selbst erarbeiteten Papierfrottagen und Ölpapieren und daraus eigene Bildcollagen gefertigt. Und dann fährt sie Ende der 90er Jahre zu einem Künstlerworkshop in der Papiermühle Zwönitz im Erzgebirge. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden dort handgeschöpfte Büttenpapiere aus Lumpen hergestellt. An jenem Ort, mittlerweile technisches Denkmal, sieht und erlebt Marita Kühn-Leihbecher erstmals, welch künstlerischen Möglichkeiten ihr das Schöpfen von Papier eröffnen kann.

Gebrauchswerberin und Textilzeichnerin

Marita Kühn-Leihbecher wurde 1944 in Gera geboren, sie begann mit 16 eine Lehre als Gebrauchswerberin, war als solche bis 1971 und als Textilzeichnerin bis 1977 in Gera tätig. Von 1975 an gehörte sie zur Förderklasse Malerei und Grafik von Elke Hopfe, die sie sehr prägte. Zusätzlich studierte sie an der Fachhochschule für Angewandte Kunst in Schneeberg und arbeitete anschließend als Designerin, so lange, bis es ihren Betrieb, den Geraer Modedruck nicht mehr gab. Seit 1966 war sie mit Peter Leihbecher verheiratet, der 1981 tragischerweise tödlich verunglückte und seine Frau mit drei Kindern zwischen neun und 16 Jahren hinterließ. Sie meisterte die Pflichten als berufstätige Mutter und war darüber hinaus stets bestrebt, ihr Wissen über Kunst zu erweitern und ihre kreativen Möglichkeiten auszuloten.

Einzigartiges Refugium in Mildenfurth

1990 lernte Marita Leihbecher den aus Königsee stammenden Bildhauer Volkmar Kühn kennen, zog zu ihm auf das Areal des Klosters Mildenfurth und begann fortan, mit ihm gemeinsam diesen Ort zu einem einzigartigen Refugium zu gestalten. Der Arbeitskreis „Kunst und Kultur in Mildenfurth“ wird zu einer kleinen, aber starken Gemeinschaft, die das Areal um die vor über 800 Jahren errichtete Klosterkirche wieder belebt – mit Lesungen, Musik, Ausstellungen und Festen.

Seit 2022 hat das Ehepaar mit dem neu geschaffenen Mildenfurther Kunstspeicher in einem ehemaligen Getreidespeicher einen neuen Kunstort erschaffen, wo 60 Skulpturen Volkmar Kühns mit 20 großformatigen Papiergrafiken und -collagen von Marita Kühn-Leihbecher ausgestellt sind. Besucher sind jederzeit herzlich willkommen, betonen beide, die immer gern Gäste und Kunstinteressierte an diesem Ort und im angrenzenden Skulpturengarten empfangen. Mittlerweile gibt es auch ein Café.

Das Papierschöpfen studieren

In Altenburg und auch im Kunstspeicher lässt sich studieren, wie Marita Kühn-Leihbecher das Papierschöpfen beherrscht, das Collagieren und grafische Gestalten. Wie sie Material, Form und Farbe zu harmonischen Einheiten verbindet, bei denen Licht, Linien und Flächen variieren. Wie sie ihre Gedanken auszudrucken weiß und mit den Bildtiteln eine Richtung andeutet. Beim Handschöpfen, für das man Wissen und Erfahrung, Ruhe und Gelassenheit braucht, so erzählt sie weiter, ließen sich die Oberfläche, die Stärke, die Farbe, der Klang des Papiers bestimmen. Aber man ist immer auch dem Zufall ausliefert, und so werden während des Schöpfens Ideen transportiert, Bilder konsequent erarbeitet und vielleicht auch verworfen.

Ausstellung in der Kunstgasse 1 in Altenburg bis 30. Juni: Geöffnet: Di–So + Feiertage von 12–18 Uhr.

Kunstspeicher über Ostern geöffnet und jederzeit mit Voranmeldung unter 036603/88276.