Weimar. Editha Weber lässt in ihrem Buch den Gartenkünsten großer Fürstinnen Gerechtigkeit widerfahren.

Es ist eine Lebenserfahrung: Frauen beweisen in der Regel bei der Gestaltung unserer natürlichen Umwelt mehr Charakter, Willensstärke und Einfühlungsvermögen als Männer. Das befähigt sie generell zu ambitionierter Selbstbehauptung, auf die Männer dann nur mit bockiger Ignoranz reagieren können. Unverständlich ist zum Beispiel, dass die zu unserem unveräußerlichen Kulturgut zählenden historischen Gärten und Landschaftsparks des 18. und 19. Jahrhunderts vordergründig nur männlichen Schöpfern zugeschrieben werden.

Wer kennt nicht den berühmten Fürsten Pückler-Muskau oder den königlich-preußischen Gartenkünstler Peter Joseph Lenné oder den Dessau-Wörlitzer Fürsten Friedrich Franz? Selbst der unvergleichliche Fürst de Ligne, der den glänzenden flandrischen Garten von Leboeil geschaffen hat und ein exzellenter Frauenliebling war, wusste über Weimars Parklandschaften nur zu schreiben, dass hier Herzog Carl August Großes geleistet hat. „Gärten der Goethezeit“ ist so gar zu einem geflügelten Wort geworden. Wir wollen den Herren Gerechtigkeit gewähren – wenn sie denn ihren Damen diese ebenfalls zubilligen!

Editha Weber hilft dabei mit ihrem neuesten Buch: „Große Fürstinnen und ihre Gärten“. Sie hatte bereits 2016 in ganz Europa die „Fürstinnen im Grünen“ gesucht, unter anderem auch in Gotha, um sich jetzt in dem vorzüglich bebilderten und elegant gestalteten Buch deutschen Schwestern der Naturliebe und den Objekten ihrer Gestaltungskraft in all ihren Lebensäußerungen zuzuwenden: Kurfürstin Sophie von Hannover (1630–1714) in Herrenhausen; Königin Sophie Charlotte von Preußen (1668–1705) in Charlottenburg; Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth (1709–1758) in ihrer Eremitage; Herzogin Friederike von Württemberg (1732–1780) in Sansparell und Fantaisie. Und hier besonders hervorzuheben: Fürstin Louise von Anhalt-Dessau (1750– 1711) im Luisium sowie: Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach (1739–1807) im Park von Tiefurt.

Welch ein geistiger Reichtum ist in dem Band versammelt: Von den Wirkungen Versailles auf die Garten- und Landschaftsgestaltung, über das Zeitalter der Empfindsamkeit bis zur deutschen literarischen Klassik in Thüringen. Und die Damen erscheinen nicht nur als schöne Blumen auf sanften Wiesen, sondern als gestaltende Persönlichkeiten mit all ihren individuellen und staatspolitischen Widerständen und Konflikten.

Es ist nur natürlich, dass die Autorin angesichts der Fülle der historischen Ereignisse und der menschlichen Verhaltensweisen in den Fürstenfamilien in ihrem Schreibfluss bisweilen in die Strudel eines Wasserfalls gerät. Aber das Verdienst, die aktive Rolle der Frauen bei der Gestaltung des Lebens in ihrem gesellschaftlichen Umfeld so problemorientiert darzustellen, dass der heutige Leser davon profitiert, das ist in Bild und Text beeindruckend gelungen.

Jener Zeit, in der die Fürstinnen agierten, sind wir weit entrückt, und es ist nicht einfach, deren Denken und Handeln nachzuvollziehen. Die historische und kunsthistorische akademische Forschung machen es dem Leser auch nicht leichter. Vielerorts gepflegte nostalgische Kostüm-Events verklären das wahre Leben selbst barocker Zeiten in einer Weise, über die die von Editha Weber subtil beschriebenen Fürstinnen nur den Kopf schütteln würden. Es wäre gar nicht übel, wenn die aufgerüschten Damen und Herren dem Vorbild Anna Amalias in Tiefurt folgen würden: Kaum war sie 1781 von der Besichtigung des Wörlitzer Parks zurückgekehrt, „stürmte ich mit Projecten loß; mein armes Tiefurt war ganz erstaunt über meine erhabenen Ideen; und in der That, die Hand wurde daran gelegt...“

Editha Weber: Große Fürstinnen und ihre Gärten. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, 160 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, 22 Euro