Bodo Baake zeigt Mutz zur Ironie

Das musste ja in die Hose gehen. Fünfzig deutsche Schauspieler haben eine Anleihe bei Christian D. Grabbe gemacht und es mit „Scherz, Satire, Ironie und tieferer Bedeutung“ versucht. Im Vertrauen auf die Maxime Humor ist, wenn man trotzdem lacht und Lachen ist gesund, starteten sie den Aufruf „Alles dicht machen“, um mit künstlerischen Beiträgen auf prekäre Schicksale von Menschen in der Pandemie aufmerksam zu machen – und landeten im Gebrüll eines Shitstorms des gewollten Missverstehens.

Im ersten Schreck zogen einige ihre Beiträge zurück. Schockiert wohl auch, weil der Born, aus dem sie schöpften, sich als von Querdenkern, Alu-Hutträgern und semiprofessionellen Brunnenvergiftern kontaminiert erwies.

Witz, Satire und vor allem die Ironie hatten es in Deutschland schon immer schwer. Wenn in Deutschland einer einen Witz macht, behauptete schon Tucholsky, sitzt das halbe Land auf dem Sofa und nimmt übel! Es sei denn, es handelt sich um eine Zote, da schlägt sich die andere Hälfte vor zynischem Vergnügen auf die Schenkel. Aber Ironie? Sie arbeitet mit doppeltem Boden, meint oft das Gegenteil und wird nur selten laut. Das war den Mächtigen schon immer ein Greuel und den auf Ermächtigung Versessenen ein Ärgernis. Die Ironie, könnte man sagen, ist der Holzwurm, dessen Ticken im Throngestühl die Regierenden nervös macht. Man wird seiner nicht habhaft, das beunruhigt. Als der „Literaturpapst“ Reich-Ranicki einmal in einer großen Festrede nach einem großen Festkonzert das große Festpublikum ein wenig in Ironie badete, fragte ihn ein öffentlich-rechtlicher Reporter sogleich pflichtschuldig, ob das denn nun sein musste? Doch, antwortete der listig, zu viel Harmonie tut nicht gut, ein wenig Nikotin muss schon sein! Heute würden danach die digitalen Echokammern der Empörung widerhallen – wegen Verharmlosung der Gefahren von Luft- und Atemwegserkrankungen.

Wie unschwer zu merken ist, hält es diese Kolumne mit der Ironie – und hatten schon viele schöne Nachteile davon. Wir würden sogar soweit gehen, uns in aller Bescheidenheit als eine Art Pflegeein-richtung anzudienen, ein Urwaldhospital vielleicht. Nichts Großartiges, kein Klinikkonzern. Eine kleine Bahnhofsmission nur, wo der geplagte Zeitreisende in finsterer Nacht immer noch eine Tasse Tee und eine Wundsalbe aus der Sanitätstasche bekommt.