Frank Quilitzsch spricht mit Thomas Thieme über Dreharbeiten auf dem Weimarer Lindenberg.

Herr Thieme, Sie wurden in dieser Woche mit einem Kamerateam auf dem Weimarer Lindenberg gesehen. Habe ich da etwas verpasst?

Thomas Thieme Der MDR hat für die Sendung „Lebensläufe“ gedreht. Da ich ja nun alt wie Methusalem bin, bin ich auch in die Fänge dieser Sendereihe geraten.

Dagegen hatten Sie sich doch immer gewehrt. Was hat Sie schwach gemacht?

Frau Kadegge, eine charmante Person von einer Erfurter Filmfirma. Sie hat ein schlüssiges Konzept entwickelt, dem ich mit sinnvollen Argumenten nicht mehr widersprechen konnte.

Sie war mit Ihnen nicht im Theater, sondern auf dem Sportplatz! Woher wusste der MDR von Ihren fußballerischen Wurzeln?

Nun, sie kannte die Wurzel Weimar und sie kannte meine Affinität zum Fußball. Aus beidem hat sie den Lindenberg herausgefiltert.

Eine noch etwas unterbelichtete Facette Ihrer Jugend, wie ich finde. Dass Sie die Stones, Che Guevara und Günter Netzer verehrt haben, weiß man. Ihre Leidenschaft fürs Arbeitertheater des Weimarwerks hat sich herumgesprochen ...

Eine bewegte Jugend, Herr Quilitzsch!

Ja, aber was haben Sie auf dem Lindenberg getrieben? Gebolzt?

Ich bitte Sie! Ich war doch kein Talent. Ich war vielleicht ein ganz guter Handballer und ein passabler Leichtathlet, bin bei den Kreismeisterschaften die hundert Meter in 11,7 gelaufen. Ich hatte aber immer die Sehnsucht, ein Fußballer zu werden. Zumal mein Papa mich als Fünfjährigen mit zu den Spielen auf den Lindenberg geschleppt hat. Ich habe immer begeistert zugeguckt.

Das war, wenn ich richtig rechne, vor 66 Jahren. Und jetzt? Was haben Sie jetzt auf dem Lindenberg erlebt?

Da kam sofort jemand auf mich zu, was mich sehr gefreut hat, hat mir eine Vereinsmütze und einen Schal geschenkt. Ein Herr Deregowski, Vorstand des SC Weimar 03, dem Nachfolgeverein von Motor Weimar. Was er mir berichtete, hat mich sehr angerührt. Dem Verein geht es nicht gut. Sie müssen wirklich ganz kleine Brötchen backen in ihrer Thüringenliga. Zugleich aber hat mir der Enthusiasmus imponiert, mit dem die Jungs sich behaupten. Und so habe ich beschlossen, mit Ihnen und mit anderen, die ein bisschen gestopfter sind als wir beide, mal ins Gespräch zu kommen, ob man diesem Traditionsclub, der immerhin seit 1903 besteht, das sind nach meiner Rechnung 117 Jahre, ein bisschen helfen kann. Die verlieren natürlich, wie alle solche Vereine, regelmäßig die Talente – nach Erfurt und Jena, nehme ich an. Jedenfalls war das früher so. Vielleicht kann man das ja ein bisschen aufhalten.

Ich bin dabei. Aber was ich Sie noch fragen wollte: Wo werden Sie am nächsten Donnerstag sein, wenn die Goldene Henne verliehen wird?

Ich wusste, dass Sie auch das nicht unberührt lassen. Dass ich nominiert bin, stimmt. Nur sitze ich nun wieder zwischen allen Stühlen. Sie wissen, was ich meine. Zu sagen, der Preis ist überflüssig, wäre arrogant. Zu sagen, dass er sinnstiftend ist, wäre eine Fehleinschätzung.

Es ist ein Publikumspreis, Herr Thieme. Falls man Sie wählt, dann aus Liebe. Denken Sie an ihre jüngsten Rollen als Schalck-Golodkowski in „Preis der Freiheit“ und Gombrowski in „Unterleuten“.

Wetten, dass ich den Preis nicht kriege? Ich wette mit Ihnen um eine gute Flasche Wein.