Erfurt. Dazu forscht die Uni Erfurt und sucht jetzt Angehörige von drei Generationen zur Befragung über die gemeinsame und individuelle Erinnerung.

Was bleibt im Gedächtnis? Und was bewahren wir über Generationen als Erinnerung? Solche Fragen stellen sich Wissenschaftler an der Uni Erfurt. Gesucht werden „Familienerinnerungen an die Alltags- und Herrschaftswirklichkeit in der SED-Diktatur“. Nun werden dafür Familien gesucht, bei denen mehrere Generationen zum Gespräch mit Wissenschaftlern bereit sind. Auf reges Interesse von Thüringern hofft Patrice G. Poutrus, seit 2019 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere und Zeitgeschichte und Geschichtsdidaktik der Uni Erfurt im Projekt „Diktaturerfahrung und Transformation – Partizipative Erinnerungsforschung“, für das die Professorin Christiane Kuller die Verantwortung trägt.

Die Familienerinnerungen sind Teil des großen Projektes „Biografische Verarbeitungen und gesellschaftliche Repräsentationen in Ostdeutschland seit den 1970er-Jahren“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung seit diesem Jahr bis Ende 2022 mit insgesamt mehr als 4 Millionen Euro gefördert wird; etwa ein Viertel fließt nach Erfurt und umfasst auch diese Vorhaben: „Vom Gesinnungsunterricht zur Demokratieerziehung: Die DDR in der Grundschule vor und nach 1989“, „Trefforte und Gegen-Orte in Erfurt“ und „Diskriminierungserfahrungen und Opfergedächtnis: Katholiken und die DDR“. Auch an der Uni Jena wird zur Diktaturerfahrung und Transformation geforscht.

Im Teilprojekt zu Familienerinnerungen soll auf mehreren Ebenen zurückgeschaut werden: Patrice G. Poutrus will wissen, wie die Vergangenheit in Erinnerung geblieben ist, was von ihr weitergegeben wurde und wie heute über sie geredet wird. „Wir suchen Großeltern, Eltern und Kinder für unser Projekt.“ Die Älteren haben noch die 1970er erlebt, die mittlere Generation war zum Mauerfall jung, die Jüngsten – inzwischen auch schon erwachsen, kennen beides nur aus Erzählungen. Bei früheren Forschungen habe sich gezeigt, dass Familienerinnerung oft mehr Gewicht besitze als Geschichtsunterricht und Gedenkpolitik. „In Familien wird darüber entschieden, wie Menschen über die Vergangenheit denken. In der Familie werden Werturteile gebildet“, sagt Poutrus.

Die Ergebnisse der Forschungen werden in wissenschaftlichen Journalen und Monografien veröffentlicht. Zum Teil sollen Lebenserinnerungen auch als Aufzeichnungen später Forschenden zur Verfügung gestellt werden. Dies wird mit den Teilnehmern detailliert besprochen, betont Poutrus.

Mehr unter www.uni-erfurt.de/forschung / forschungsprojekte/ – anmelden unter philfak.ddr_erinnerung @uni-erfurt.de