Jena. Die Diabetesberatungsstelle Jena freut sich über den Sieg bei der Abstimmung zur Serie „Gute Nachbarn – gute Taten“.

Conny Bartzok leitet die Beratungsstelle des Diabeteszentrums für Kinder und Jugendliche Jena, das die TLZ-Abstimmung „Gute Nachbarn – gute Taten“ gewonnen hat. Wir sprachen mit ihr:

Herzlichen Glückwunsch zum Sieg! Wie haben Sie denn davon erfahren?

Heute Morgen um 6.15 Uhr hat es mir eine Patientin mitgeteilt. Und wir haben es dann gleich per SMS und Whatsapp an viele weitergeleitet, die mitgevotet haben. Das hat uns zwar beim Frühstück Zeit gekostet, aber ich wollte mich natürlich bei allen bedanken, die für uns gestimmt haben. Das sind Freunde, Bekannte, viele Patienten, die über die Jahre mit uns verwachsen sind und die wiederum in ihrem Kollegen- und Freundeskreis oder in der Sportgruppe für uns getrommelt haben.

Sie haben aber auch selbst viel unternommen, um auf die Abstimmung hinzuweisen?

Ja, über Facebook und Whatsapp habe ich täglich an das Voting erinnert und darum gebeten, für uns zu stimmen. Das war die einzige Möglichkeit, obwohl ich manchmal schon gedacht habe, dass ich den Leuten damit doch hoffentlich nicht auf die Nerven gehe. Aber nein, sie haben mir auch immer wieder geschrieben: Wir voten uns die Finger wund. Das war wirklich eine tolle Aktion!

Warum ist es so wichtig, dass Ihr Verein, Ihre Beratungsstelle in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und Unterstützung bekommt?

Weil es kaum ein öffentliches Bewusstsein für die Krankheit Typ-1-Diabetes gibt. Die Betroffenen erleben oft viel Unverständnis in ihrem Umfeld, weil die Leute denken, dass die Eltern ihre Kinder falsch ernährt haben und selbst mit schuld an dieser Erkrankung sind. Dabei ist Typ-I-Diabetes eine Autoimmunerkrankung, bei der unser Immunsystem fehlerhaft eigenes Gewebe angreift und zerstört. Vor dem Hintergrund der Verdoppelung der Neuerkrankungsrate seit 2015 ist es wichtig zu zeigen: Diese Erkrankung betrifft die ganze Familie, zum Beispiel wegen der Blutzuckermessungen über 24 Stunden hinweg. Unser Projekt wird bis zu dem Zeitpunkt gebraucht werden, an dem es ein Aufwachen in der Politik gibt und die psychosoziale Betreuung der Betroffenen und ihrer Familien eine Leistung des Staates ist. Aber so weit sind wir noch nicht – und deshalb brauchen wir nach wie vor viel Unterstützung.

Ein Problem, mit dem Sie es häufig zu tun haben, ist auch, dass sich Sozialamt und Krankenkasse nicht untereinander einigen, wenn erkrankte Kinder im Kindergarten oder in der Schule eine Begleitperson brauchen, sondern Eltern wie Bittsteller von einem zum anderen geschickt werden.

Genau. Es ist für Familien immer wieder schwer, für die Kinder Leistungen zu bekommen. In Thüringen haben wir zwar damit schon in einigen Landkreisen gute Erfahrungen gesammelt, viele Sachbearbeiter sind mit dem Thema inzwischen vertraut. Aber ich betreue zum Beispiel gerade eine Familie in Leipzig, die inzwischen mit ihren Kräften am Ende ist, weil dort keiner weiß, wie es geht, dass das erkrankte Kind in der Kita eine zusätzliche Betreuung bekommt. Es gibt dort auch weit und breit kein Angebot für Schulungen von Großeltern, Erziehern, Lehrern. Dabei können Kinder ganz schnell von einem sehr hohen Blutzuckerwert in die Unterzuckerung fallen, die auch lebensbedrohlich sein kann. Und das kann die Betreuung in der Kita oder im Hort eben schwierig machen. Dafür muss es eine Lösung geben, die pragmatischer ist als die jetzige.

Sie haben gerade Leipzig erwähnt. Das heißt also, die Beratungsstelle ist weit über Jena hinaus tätig?

Ja, wir bekommen Anrufe aus ganz Thüringen, aber auch aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern. Zum Beispiel, weil sich Großeltern für den Fall, dass sie ihre erkrankten Enkel betreuen möchten, schulen lassen wollen und es ein solches Angebot für Betroffene in der zweiten Reihe sonst nicht gibt. Unsere Angebote werden sehr stark nachgefragt. Zum Glück kann unsere Diabetesberaterin im Notfall auch in größerer Entfernung Schulungen geben.