Weimar. Leser schreiben zum Advent: Erinnerungen an betriebliche Feiern für die Mitarbeiterkinder vor bald 50 Jahren.

Mit meinen Adventserinnerungen fest verbunden ist die Nikolausfeier, zu der wir Kinder einst in den Betrieb eingeladen wurden, in dem unser Vater den halben Arbeitstag verbrachte. Den anderen halben Arbeitstag widmete er unserem Bauernhof.

Meine Mutter und er hatten immer viel zu tun. Dennoch oder gerade deshalb war das Familienleben herzlich, was wohl auch daran lag, dass wir Kinder früh mithalfen. Und zwar gern. Das alles liegt für heutige Kinder weit zurück. Erlauben Sie mir daher, selbst einmal einen Betrag zu „Leser schreiben zum Advent“ zu liefern. Und zwar in der Hoffnung, dass sich noch mehr Menschen in meinen Alters oder Jüngere an der Reihe beteiligen. Zugleich danke ich allen Älteren, die gerade dabei sind, ihr Manuskript anzufertigen oder schon ihren Text geschickt haben. Wir freuen uns über all ihre Beiträge zu Advents- und Weihnachtserinnerungen.

Zurück in den Betrieb, den wir Kinder nur einmal im Jahr betreten durften. Gefeiert wurde im festlich geschmückten Saal, der sonst als Kantine diente. Es gab heiße Schokolade, die diesen Namen wirklich verdiente. Und allerlei Gebäck. Die Mitarbeiterinnen – vor allem aus den Büros – hatten sich ein Programm einfallen lassen. Und während wir schon alleine zu der Feier gingen, wurden kleine Kinder von ihren Müttern begleitet. Die waren darauf bedacht, dass nur ja keine Tasse umfiel. Und dass es leise war. „Sch, sch, sch“, zischte es halblaut von Tisch zu Tisch und durch den Raum. Bis die Musik die Ordnungslaute übertönte.

Gerade die Kleinsten waren aufgeregt und ein wenig ängstlich, weil der Nikolaus sein Kommen angesagt hatte. Schließlich wussten sie nicht, ob ihr Vater den frommen Mann und seinen Knecht Ruprecht mit Informationen zum Nicht-so-brav-sein versorgt hatte. Aber dann erwies sich dieser Tagesordnungspunkt als gar nicht so schlimm. Der Nikolaus beließ es bei allgemeinen Hinweisen an die Mitarbeiterkinderschar. Dann wünschte er den begleitenden Müttern eine segensreiche Weihnachtszeit, während er die Kinder aufforderte, im Haushalt mitzuhelfen. So war das jahrelang. Dann kam irgendwann ein neuer Betriebsleiter und der musste sparen. Oder fand solche Veranstaltungen überflüssig. Jedenfalls gab es keinen Betriebskinderadvent mehr.

In meinen Kindheitstagen lagen reichlich Äpfel und Nüsse auf dem Gabentisch. Bananen, Kiwi, Trauben und Orangen waren etwas Besonderes. Hatte sich im jeweiligen Betriebsteil, in dem mein Vater sein halbes Arbeitsleben verbrachte, übers Jahr kein Unfall aus Fahrlässigkeit ereignet, erhielten die Mitarbeiter kurz vor Weihnachten eine große Kiste. Darin: Orangen, Ananas, Datteln, Feinkost. Das war eine doppelte Freude: Zum einen, weil alle unverletzt durchs Jahr gekommen waren, und zum anderen, weil die Vorsicht der Väter mit Leckereien für die ganze Familie belohnt wurde.

„Leser schreiben zum Advent“ mit vollständiger Adresse und Telefonnummer bitte an . Falls Sie Bilder zur Illustration haben, bitte mitsenden (Dateigröße mindestens 1 MB). Ausnahmsweise nehmen wir auch Ihr gut lesbares Manuskript an: TLZ-Chefredaktion, Goetheplatz 9a, 99423 Weimar(wir können weder Texte noch Fotos zurückschicken). Wer teilnimmt, erklärt sich mit der kostenfreien Veröffentlichung von Text und Foto in Print und digital einverstanden.