Die Einnahmen der Kirchen in Deutschland sprudeln. Das könnte sich allerdings schon bald ändern. Woher kommt dann das Geld der Kirchen?

Es läuft für die Kirchen in Deutschland – zumindest finanziell. 12,9 Milliarden Euro nahmen die evangelische und katholische Kirche 2022 nach Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) durch die Kirchensteuer ein. 6,8 Milliarden für die evangelische und 6,1 Milliarden Euro für die katholische Kirche. Dies bedeutet einen Zuwachs von rund 200 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Die Freude über die sprudelnden Finanzen bleibt allerdings aus. Denn eigentlich wären die Zahlen durch die positive Einkommensentwicklung mit höheren Löhnen noch besser ausgefallen.

Doch immer mehr Menschen kehren den Kirchen den Rücken kehren und treten aus. Damit sparen sich diese auch die Kirchensteuer. Zudem sterben wegen des demografischen Wandels mehr Gläubige als Menschen getauft werden und wiedereintreten.

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2022 schrumpfte die Zahl der Kirchenmitglieder hierzulande um 1,3 Millionen auf noch rund 40 Millionen insgesamt. Weniger Mitglieder bedeuten auch weniger Einnahmen. Nach der IW-Studie werden die Kirchensteuereinnahmen bis 2027 infolge der Inflation und des demografischen Wandels real zurückgehen. Kaufkraftbereinigt werden die Kirchen demnach im Jahr 2027 zusammen 11,3 Milliarden Euro einnehmen – knapp vier Prozent weniger als 2022. Nach früheren Berechnungen aus dem Jahr 2019 ist zudem davon auszugehen, dass sich die Zahl der Kirchenmitglieder spätestens bis zum Jahr 2060 halbieren wird.

Kirchensteuer: Ist die Erhebung noch zeitgemäß?

Der finanzielle Spielraum für die Kirchen könnte also enger werden. Davor warnte zumindest die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich. "Die Kirchensteuer bleibt wichtig, damit all das, was die Kirche tut, auch in den sozialen Bereichen weiterhin finanziert werden kann", sagte Heinrich vergangene Woche der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Die Kirchensteuer sei "ein gerechtes System, das sich danach richtet, wer wie viel beitragen kann."

Wer wie viel beitragen kann, ist ein gutes Stichwort. Auch wegen der hohen Inflation und sinkender Reallöhne müssen sich die Kirchen die Frage gefallen lassen, ob die Steuer nicht eher zu hoch als zu niedrig ausfällt. IW-Studienautor Tobias Hentze meint: "In Zukunft müssen die Kirchen sparen" und verweist darauf, dass die Kirchen "noch erhebliche Vermögensbestände" besäßen. "Die können sie einsetzen, um Finanzierungslücken zu schließen."

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Kirche in Deutschland: Wie viel Geld besitzen die Kirchen wirklich?

Wie gewaltig diese Vermögensbestände sind, lässt sich allerdings nur erahnen. Das liegt auch daran, dass die Kirchen mit ihrem Vermögen wenig transparent umgehen. Anders als der Staat müssen sie auch nicht offenlegen, wofür sie ihre Steuereinnahmen verwenden.

Auf mehr als 200 Milliarden Euro schätzt der Politologe und Experte für Kirchenfinanzen Carsten Frerk das Vermögen der katholischen Kirche in Deutschland. Für die Protestanten rechnet er mit der selben Summe. Das Vermögen steckt in etlichen Immobilien und Geldanlagen auf dem Kapitalmarkt.

Die Kirchen in Deutschland hätten also alle Möglichkeiten Rückgänge bei der Steuer durch Kapitalerträge, Immobilienveräußerungen oder andere Einnahmen auszugleichen. Zu diesem Schluss kommt auch die IW-Studie. "Eine Erhöhung der Kirchensteuer würde dagegen vermutlich die Austrittsdynamik weiter antreiben und wäre in dem Fall auch finanziell kontraproduktiv", heißt es dort. Zumindest mit einer baldigen Anhebung der Kirchensteuer müssen Gläubige also wahrscheinlich nicht rechnen. (lro/epd/AFP)