Bilder auf Instagram sorgen für einen Massenandrang in einsamen Buchten von Mallorca. Der Hilferuf einer Anwohnerin geht jetzt viral.

Türkisblaues Wasser. Ein kleiner Sandstrand. Links und rechts eingerahmt von Felsen, auf denen windschiefe Kiefern wachsen. Die malerische Bucht Cala del Moro, die in der Urlaubsgemeinde Santanyí im Südosten Mallorcas liegt, war lange Zeit ein Geheimtipp. Sie gilt als einer der schönsten Badeplätze am Mittelmeer.

Doch seit immer mehr Menschen Bilder dieser Traumbucht in den sozialen Netzwerken verbreiten, pilgern Massen zu dem kleinen Strand. Der Andrang ist so groß, dass auf den Zufahrtsstraßen Chaos herrscht. Auch am Felsenweg, der zum Strand hinabführt, bilden sich lange Warteschlangen, weil der Platz in der nur 50 Meter breiten Bucht begrenzt ist.

Massentourismus: Mallorcas Einwohner haben längst genug

„Früher kamen vielleicht hundert Besucher am Tag“, erinnert sich ein Anwohner. „Jetzt sind es Tausende.“ Mit einer gemeinsamen Protesterklärung gingen die Bewohner, die oberhalb des Strandes leben, an die Öffentlichkeit: „Wir sind entsetzt“, heißt es in dem Schreiben. Sie klagen über Autolawinen in den Wohnstraßen, zugeparkte Hauszufahrten und Abfallberge. Zudem fülle sich die Landschaft mit „Feuchttüchern und Exkrementen“.

Nun machte auch eine junge Influencerin, die auf Mallorca lebt, ihrem Ärger über diesen Massenauftrieb an der Cala del Moro und an anderen touristischen Hotspots Luft. Die Frau forderte die Inselbesucher per Video-Appell auf, nicht länger Bilder von versteckten Buchten, Traumstränden und „Geheimtipps“ auf Instagram und in weiteren Netzwerken zu veröffentlichen.

„Macht bitte keine Videos mehr auf Mallorca“, heißt es in dem Aufruf, der auf der Plattform TikTok viral ging. „Ihr macht euch zu Komplizen bei der Beschädigung unseres Ökosystems.“ Das Video der TikTok-Benutzerin (@poisonscorpio01) wurde bisher rund 130.000-mal angeklickt und löste eine heftige Debatte über die Auswüchse des Tourismus aus.

Mallorca: Die Insel platzt aus allen Nähten – Influencerin alarmiert

Mallorca ist die meistbesuchte Insel Europas. Im letzten Jahr kamen annähernd zwölf Millionen Urlauber auf die spanische Mittelmeerinsel. In 2023 könnten es noch mehr werden. Mehr als ein Drittel der Besucher stammen aus dem deutschsprachigen Raum. Schon länger warnen Umweltschützer, dass die Insel im Sommer zum Bersten voll ist und dadurch zunehmend aus dem Gleichgewicht gerät.

„Die schönen Strände, die wir hatten, werden so zerstört“, warnt die TikTokerin. „Die Buchten sind total überfüllt. Dort gibt es keinen Platz mehr. So können wir nicht weitermachen. Mallorca kann nicht noch mehr Menschen verkraften.“

Einsame Strände findet man auf der spanischen Insel kaum noch.
Einsame Strände findet man auf der spanischen Insel kaum noch. © iStock | istock

Tourismus als Einnahmequelle – Problem oder Lösung

Nicht nur brechend volle Strände würden zunehmend zum Ärgernis. Auch das Benehmen mancher Besucher sei alles andere als schön. „Das wahre Problem wird durch jene verursacht, die kommen und Sonnencremetuben, Flaschen und Essensreste am Strand zurücklassen“, klagt die junge Mallorquinerin.

Das Video hat in sozialen Netzwerken und Online-Foren eine Welle von Reaktionen ausgelöst. „Die Leute benehmen sich daneben und Einwohner müssen schon Schilder mit der Bitte aufstellen, nicht in den Vorgarten zu urinieren. Zu viel Müll überall, die aufgestellten Abfallbehälter quellen über“, kommentierte zum Beispiel ein deutschsprachiger Mallorca-Fan. Lesen Sie auch: Mallorca: Änderung für Urlauber – Diese Regelung läuft aus

„Das Problem sind nicht generell die Urlauber. Sondern das Verhalten, das Einige an den Tag legen“, hieß es in einem anderen Beitrag. „Das passiert nicht nur auf Mallorca, sondern überall, wo es Massentourismus gibt.“ Und ein weiterer Mallorca-Bewohner gab zu bedenken: „Wir sollten uns nicht so viel über den Tourismus beklagen, denn die Insel lebt davon.“

Instagram-Fotos verleiten zu tödlichem Leichtsinn

Sucht man auf Instagram mit dem Stichwort Cala del Moro, findet man täglich neue Veröffentlichungen von Besuchern. „Nicht leicht zu erreichen, aber es lohnt sich“, schreibt ein Deutscher unter sein Erinnerungsfoto. Eine englischsprachige Urlauberin betitelt ihren Schnappschuss, auf dem sie im Bikini in der Bucht posiert, mit nur einem Wort: „beautiful“.

Der Traumstrand Cala del Moro und die idyllische Nachbarbucht Cala s’Almunia sind nicht die einzigen Mallorca-Highlights, die derzeit buchstäblich überrannt werden. Auch am Aussichtspunkt des Formentor-Leuchtturms im Norden, an den romantischen Felsbuchten des Ortes Sa Calobra im Nordwesten oder am berühmten Es-Trenc-Naturstrand im Südosten kommt es zu so großem Gedränge, dass der Zugang beschränkt werden musste. Lesen Sie auch: Rechtsruck auf Mallorca: Was ändert sich für Urlauber?

Regelmäßig ereignen sich an Mallorcas Felsenküste Unfälle, weil Urlauber beim Versuch, ein möglichst aufregendes Selfie für Instagram zu schießen, in die Tiefe stürzen. Vor allem bei Klippensprüngen, die dann von Freunden mit dem Handy festgehalten werden, sterben immer wieder Menschen: Das vorerst letzte Todesopfer war ein 26-jähriger US-Amerikaner, der in den Osterferien in der Cala Varques an der Ostküste aus 12 Meter Höhe ins Meer springen wollte und auf einen Felsen prallte. (ze)

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