Epping. Mary Reynolds war fast 40 Jahre lang Double der Queen. Wie sie auf die verstorbene Regentin blickt – und wen sie nicht ausstehen kann.

Wer zu Mary Reynolds will, muss mit der Londoner Central Line ganz bis zur Endstation fahren. Hier in Epping, gute 30 Kilometer nordöstlich vom Zentrum der britischen Hauptstadt, gibt es einen Golfplatz, einen dichten Wald – und es gibt Mary Reynolds, die fast 40 Jahre lang Doppelgängerin der im vergangenen September verstorbenen britischen Königin Elisabeth II. war.

In einem roten Backsteinhaus, am Ende der langen Straße, die ins Zentrum der 11.000 Einwohner großen Gemeine führt, lebt Reynolds. Erst im vergangenen Jahr ist sie aus Altersgründen in eine der Erdgeschosswohnungen mit Garten gezogen. Ihr altes Haus in Harrow – westlich von Londons City – hat sie inzwischen verkauft. Von vielen liebgewonnen Dinge musste sie sich trennen. Die Garderobe der Frau, die sie so lange verkörperte, hat sie jedoch mitgenommen. Hüte, Kleider und Kostüme lagern nun in einem Schrank im Schlafzimmer.

Das Doppelgängerinnen-Dasein bescherte Mary Reynolds auch einige Film-Rollen

89 Jahre ist Mary Reynolds mittlerweile alt. Seit Mitte der 1980er-Jahre trat sie als Queen-Elisabeth-Double auf. Reynolds und ihr Ehemann Ron hatten zuvor immer wieder bemerkt, wie die Menschen tuschelten, sich fragten, ob sie wohl die „echte“ Königin sei. Nachdem ihr Mann einige Aufnahmen an eine Agentur sendete, gab es bald erste Buchungen. So trat Reynolds unter anderem in einer Folge der TV-Serie „Dr. Who“ auf, spielte im Film „Bullseye“ mit Roger Moore und Michael Caine sowie später auch in einem Bollywood-Film die Königin von England.

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Gefragt waren Reynolds‘ Doppelgänger-Künste über die Jahre aber auch von Unternehmen und anderen Organisationen. Ihr letzter Auftritt als Queen-Double sei bei der Veranstaltung eines Krankenhauses im schweizerischen Luzern gewesen. Reynolds war dort und ein Mann, der ein wenig wie James Bond aussah, erinnert sie sich. „Die Queen wurde weltweit geliebt. Sie war eine Ikone. Jeder hat zu ihr aufgeschaut“, sagt sie. Reynolds erzählt, sie sei wegen ihres Jobs viel gereist: USA, Dubai, die Ukraine, wohl fast alle Länder Europas.. „Vor allem in meiner Anfangszeit als Doppelgängerin hatte ich mehr Aufträge in Deutschland als in England. Dort hatte man halt keine Queen.“

Reynolds musste eigenen Worten zufolge nicht viel dafür tun, um so zu sein wie die Queen

Reynolds hatte nach dem Tod der Königin verkündet, sich von ihrem Double-Dasein zurückziehen zu wollen. Interessenten, die einen Auftritt anfragen, bekommen seitdem stets eine Absage. „Das wäre einfach nicht richtig. Die Queen ist nicht mehr hier“, sagt sie.

Als Doppelgängerin tat Reynolds das, was auch die Königin in ihrem Leben immer mal wieder tat: Fotos machen, Hände schütteln und Reden halten. Das Imitieren der Queen sei ihr eigentlich zugeflogen, berichtet sie. „Ich habe nicht viel dafür trainieren müssen, so zu sein, wie sie“, sagt Reynolds. Sie und die verstorbene Queen hätten denselben Stil gehabt. „Sie mochte das, was ich mochte“, erzählt die alte Dame, die weiterhin eine königliche Aura versprüht. Ohrringe, Halskette, Haare von Reynolds ähneln bis heute denen der verstorbenen Queen.

Ihren Sohn nannte Reynolds William – und nicht Charles

Ihren einzigen Sohn, der ihr mittlerweile vier Enkelkinder geschenkt hat, nannte sie allerdings William – und nicht Charles. Was Reynolds vom neuen König hält? „Charles ist nicht so glamourös und auch nicht so populär wegen der Sache mit Diana. Und dann kam Camilla und niemand mochte sie“, glaubt die frühere Queen-Imitatorin. Aber er bewirke mittlerweile viele gute Dinge, interessiere sich für die Land-Bevölkerung und den Umweltschutz. „Das öffentliche Bild von ihm ist allerdings nicht so romantisch wie das von der Königin. Wir hatten sie einfach so lange“, sagt Reynolds.

Erst im vergangenen Jahr ist die frühere Queen-Doppelgängerin Mary Reynolds in eine kleine Wohnung gezogen. Ihren Job als Double hat die 89-Jährige mittlerweile an den Nagel gehängt.
Erst im vergangenen Jahr ist die frühere Queen-Doppelgängerin Mary Reynolds in eine kleine Wohnung gezogen. Ihren Job als Double hat die 89-Jährige mittlerweile an den Nagel gehängt. © Dominik Bath | Dominik Bath

Viel hält sie allerdings von den möglicherweise nächsten Spitzen der royalen Familie – Charles‘ Sohn William und dessen Ehefrau Kate. Beide seien jetzt schon populärer als das amtierende Königspaar. Fast gar kein Lob hat Mary Reynolds hingegen für Prinz Harry und dessen Gattin Meghan Markle übrig. „Harry ist eine Enttäuschung für seine Familie“, sagt Reynolds. Und die Queen habe Meghan von Anfang an nicht gemocht. „Elisabeth hatte schon immer eine gute Menschenkenntnis. Und auch ich glaube, dass Meghan keine gute Person ist“, bekräftigt die 89-Jährige.

Getroffen haben sich das Double und die „echte“ Königin nie

Getroffen hat Reynolds die Queen jedoch nie. Dabei war sie ab und zu durchaus nah dran. 1947 war sie draußen vor dem Buckingham Palast während sich Elisabeth und Philip das Ja-Wort gaben. Als Elisabeth 1953 gekrönt wurde, stand sie an der Straße, sah die Monarchin in ihrer goldenen Kutsche vorbeifahren. Ob die Queen ihr Double jemals wahrgenommen hat? Reynolds zuckt mit den Schultern. Sie habe allerdings einmal ein Foto mit dem Pagen der Königin gemacht. Reynolds habe gehört, dass dieser die Aufnahme dann auch im Palast gezeigt habe.

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Und auch wenn sich die rüstige Britin mittlerweile vom Job als Double zurückgezogen hat, wird sie weiter erkannt: Erst kürzlich in einem Café sei eine Frau fast vom Stuhl gefallen, nachdem Reynolds den Laden betreten hatte.