Rom. In Italien protestieren Autofahrer und rechte Parteien gegen Radarfallen. Nun schaltet sich ein Unbekannter ein –und zerstört Blitzer.

Die Debatte um Radarfallen und Tempolimits spaltet Italien. Während die Blitzer und die dadurch erhobenen Bußgelder für italienische Kommunen zur lebenswichtigen Einnahmequelle geworden sind und ihnen Gelder in Millionenhöhe bescheren, protestieren zahlreiche Autofahrer. Nun jagt die Polizei in Norditalien sogar einen Radarfallen-Saboteur.

Erst in dieser Woche flammte der Tempo-Streit in Italien erneut auf: In der Stadt Bologna gilt seit Dienstag eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Kilometern pro Stunde auf allen Straßen außer Schnellstraßen. Bologna, bekannt als Motorenhauptstadt und Hauptsitz der Traditionsmarken Lamborghini und Ducati, ist damit die erste italienische Großstadt mit dem Tempolimit. Und wer zu schnell fährt, wird bestraft.

Das Ziel ist dabei durchaus legitim: Die Stadt will die Zahl der Verkehrstoten auf null reduzieren. Im vergangenen Jahr waren 28 Menschen in Bologna bei Verkehrsunfällen gestorben, im Vorjahr waren es noch 22. Sechs Patrouillen der Stadtpolizei kontrollieren die Straßen, insbesondere in der Nähe von Schulen, Krankenhäusern und Märkten. Allein am ersten Tag erhielten sieben Autofahrer Geldstrafen, weil sie das Tempolimit überschritten haben.

In Italien tobt ein Kampf um Tempolimits und Radarfallen. (Symbolbild)
In Italien tobt ein Kampf um Tempolimits und Radarfallen. (Symbolbild) © Angelika Warmuth/dpa/dpa-tmn | Unbekannt

Italien: Regierungsparteien wollen Tempolimit stürzen

Doch nicht alle unterstützen die Kommunen in ihrem Kampf gegen die Geschwindigkeit. Zahlreiche Auto- und Taxifahrer protestieren mit einem langen Umzug gegen das Tempolimit. Die Taxifahrer drohen sogar mit Preiserhöhungen, weil sie wegen der niedrigen Geschwindigkeit weniger Gäste befördern können. Und auch die italienische Regierung hat sich mittlerweile eingeschaltet.

Die Regierungsparteien Fratelli d‘Italia, Lega Nord und Forza Italia planen ein Referendum über die umstrittene Maßnahme. Dass besonders die rechten Parteien wenig von Tempolimits und Radarfallen halten, ist dabei nicht neu: Erst vor Kurzem hatte Alessia Ambrosi, Parlamentarierin der italienischen Rechtspartei Fratelli d‘Italia, für Aufsehen gesorgt, weil sie mit einer Anfrage vor dem Parlament in Rom die Abschaffung einer Radarbox am Gardasee gefordert hatte.

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Der Blitzer in der Kleinstadt Torri del Benaco müsse abgeschafft werden, weil er nicht gesetzeskonform sei, forderte Ambrosi. Er benachteilige die Bewohner und Berufspendler aus den Nachbargemeinden, behauptete die Politikerin, unzählige Autofahrerinnen und Autofahrer hätten sich wegen der Strafen beschwert. Auch sie selbst habe bereits sieben Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit erhalten.

Der Bürgermeister von Torri del Benaco ließ sich davon allerdings nicht beirren: Der Blitzer sei rechtskonform, wie alle Unterlagen bezeugen würden: „Wir werden es auch vor der Staatsanwaltschaft beweisen können“, sagte er. Nur: Ob das auch die Autofahrer besänftigen wird?

Selbst die italienische Regierung bekämpft die Radarfallen (Symbolbild).
Selbst die italienische Regierung bekämpft die Radarfallen (Symbolbild). © picture alliance/dpa | Daniel Karmann

Italien: Unbekannter sabotiert Radarfallen – und erhält Zuspruch

Denn die haben mittlerweile eine Art Heldenfigur für sich entdeckt. In ganz Norditalien jagen die Ermittler seit Monaten einen Unbekannten, der offenbar einen persönlichen Feldzug gegen Radarfallen auf den Straßen führt. Die von den sozialen Medien auf den Namen „Fleximan“ getaufte Person hat seit Mai bereits Dutzende Blitzer sabotiert, vor allem in den norditalienischen Regionen Venetien, Lombardei und Piemont.

Die bisher letzte Aktion von Fleximan wurde in der Nacht auf Freitag in der Nähe der Stadt Treviso gemeldet. Er oder sie soll eine Radarfalle abgesägt und in einen Kanal geworfen haben. Der Blitzer war bei Autofahrern schon seit langem berüchtigt. Zuletzt hatte ein 45-jähriger Autofahrer Einspruch gegen eine Geldstrafe von 300 Euro eingereicht. Begründung: Auch dieser Blitzer sei nicht rechtskonform.

Noch unklar ist, ob es sich bei der Blitzer-Sabotage von Fleximan um das Werk einer Einzelperson oder einer organisierten Gruppe handelt. Der als „Robin Hood der Autofahrer“ bezeichnete „Fleximan“ scheidet in sozialen Netzwerken die Gemüter. Einige Autofahrer loben seine Geste „heroischen Ungehorsams“, andere fordern exemplarische Strafen. Die Polizei hat indes eine klare Position im Straßenkampf bezogen und eine Anzeige gegen den oder die Unbekannten erstattet.