Berlin. Dieter Bohlen provoziert mit Sprüchen unter der Gürtellinie. Ein Medien-Experte erklärt, warum gerade Frauen ihm das nicht übel nehmen.

Er wird geliebt und gehasst: Pop-Titan Dieter Bohlen, der am 7. Februar seinen 70. Geburstag feiert. Wie es kommt, dass der Musikproduzent, Sänger und Entertainer trotz seiner provokativen Sprüche immer noch ein Erfolgsgarant im TV ist? Medienexperte Ferris Bühler durchleuchtet das Phänomen Bohlen.

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Umstritten und enorm erfolgreich: Was ist das Geheimnis von Dieter Bohlen?

Ferris Bühler: Das Phänomen Dieter Bohlen machen mehrere Faktoren aus: Einerseits ist er mit seiner musikalischen Karriere als Sänger, Komponist oder Produzent so erfolgreich wie kaum ein anderer und liefert über vier Jahrzehnte konstant einen Hit nach dem anderen ab – egal, ob für Modern Talking oder später für die DSDS-Finalisten, für die er es über zehnmal an die Spitze der Charts schaffte.

Andererseits ist er als Persönlichkeit sehr authentisch und ehrlich. Er sagt gerade heraus, was er denkt und fühlt – damit kann sich das Publikum voll und ganz identifizieren. Zudem verbindet er mehrere Generationen von Fans: Da sind seine Modern-Talking-Anhänger von früher und gleichzeitig deren Kinder und Enkel, die heute DSDS schauen und ihn deswegen kennen und lieben.

Dieter Bohlen und seine Lebensgefährtin Carina: Das Paar ist fast zwanzig Jahre zusammen. Jetzt gibt es Heiratspläne.
Dieter Bohlen und seine Lebensgefährtin Carina: Das Paar ist fast zwanzig Jahre zusammen. Jetzt gibt es Heiratspläne. © DPA Images | Volker Dornberger

Bohlen pöbelt herum, wird vom Sender RTL rausgeworfen und dann wieder reaktiviert. Wie kommt es, dass er sich immer wieder durchsetzt?

Bühler: Bohlen ist einfach ein sicherer Quoten- und Erfolgsgarant für jede Sendung – eine Show-Allzweckwaffe, die immer funktioniert und jederzeit abgefeuert werden kann. Wer ihn für eine Show verpflichtet, weiß, auf was er sich einlässt und will auch das volle Bohlen-Paket haben. Er ist direkt, ehrlich, frech und vor allem unterhaltsam. Dafür liebt ihn das Publikum.

Wird er dann mal abgesetzt, so verliert das komplette Format seine Farbe und Würze. Daher ist es auch absehbar, dass Formate wie Supertalent oder DSDS ohne ihn gar nicht funktionieren. Es ist dasselbe, wie wenn ich aus einer Fussballmannschaft Ronaldo rauswerfen würde.

Bohlens Umgang mit Frauen: Deshalb können seine Fans ihm verzeihen

Bohlen beleidigt Frauen – und kommt bei ihnen dennoch gut an, vor allem bei jungen Frauen scheint er immer noch Erfolg zu haben. Was macht seine „Faszination“ aus?

Bühler: Dieter Bohlen schafft es, sein Privatleben so privat zu halten, wie es Sinn macht. Mit seiner Partnerin Carina ist er seit fast zwei Jahrzehnten liiert und steht voll und ganz zu ihr. Als er sie in einer der letzten Staffeln in DSDS eingebunden und gezeigt hat, wirkte dies sehr authentisch und stimmig.

Da war vielen Frauen klar: Dieser Mann hat prinzipiell gar nichts gegen Frauen, sondern liebt und begehrt seine Partnerin über alles – der Traum einer jeden Frau. Ich denke, dass viele junge Zuschauerinnen zwischen Dieter Bohlen als unterhaltsamen Showman und als geradlinige Privatperson unterscheiden können. Darum mögen sie ihn.

Wieso gelingt es ihm, die ganze Kritik abperlen zu lassen?

Bühler: Weil er zu 100 Prozent hinter allem steht, was er öffentlich sagt. Er ist durch und durch ein Showbiz-Profi und weiß, welche Grenzen er überschreiten darf und welche nicht. Und wenn er einmal eine Grenze überschreitet, so macht er dies sehr bewusst, weil er dann auf die altbekannte Bohlen-Provokation setzt und die volle Aufmerksamkeit erhält.

Ganz der Profi: Bohlen „bricht bewusst Tabus“

Was ist sein Erfolgsrezept? Ist er bei allem selbst ein Supertalent?

Bühler: Niemand ist per se ein Supertalent. Er fokussiert sich voll und ganz darauf, was er am Besten kann: Musik und Showbusiness. Da ist er stark und zu Hause. Wir alle wissen nicht, ob er eine Kartoffel schälen kann, ohne sich dabei zu verletzen, aber wir wissen, dass er das Showbusiness beherrscht und kaufen ihm das ab.

Ferris Bühler, Schweizer Kommunikations- und Medienexperte.
Ferris Bühler, Schweizer Kommunikations- und Medienexperte. © Olga Cudakova | Olga Cudakova

Ist Bohlen ein „alter weißer Mann“?

Bühler: Auch wenn Bohlen bereits 70 Jahre alt ist und weiße Haare hat, ist er alles andere als stehen geblieben. Er weiß genau, was die junge Generation hören will und mag. Zugegeben, seine Sprüche entsprechen längst nicht mehr den heutigen Diversitäts- und Inklusionsstandards. Aber er ist nach wie vor sehr unterhaltsam, bricht bewusst Tabus und spricht das aus, was sich viele Menschen heute nicht mehr trauen, aber denken.

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Was sagt es über eine Gesellschaft aus, die sich immer stärker sensibel zeigt für blöde Anmachen, und dann so jemanden wie Bohlen feiert?

Bühler: Generell macht Bohlen niemanden an – schließlich erwähnt er immer wieder, dass er bereits seit zwei Jahrzehnten glücklich mit seiner Carina liiert ist. Ich denke, dass die Gesellschaft sehr gut unterscheiden kann, was eine blöde Anmache auf der Straße ist und ein frecher Bohlen-Spruch in einem TV-Studio. Am Schluss ist es nicht die Aufgabe von Dieter Bohlen, gesellschaftliche Normen aufzuzeigen. Die Produzenten, welche ihn für ihre Sendungen engagieren, wollen ihn in erster Linie als Chefprovokateur in ihren Formaten und haben jederzeit die Chance, seine Statements aus der Sendung zu schneiden.