Berlin. Der Mythos der so genannten “Eisheiligen“ hält sich wacker. Zu Unrecht, sind sich Jörg Kachelmann und der Deutsche Wetterdienst einig.

Es ist eine Zeit, die Gärtnerherzen höher schlagen lässt: Wenn Mitte Mai der Frühling an die Tür klopft, winken endlich warme Temperaturen. Aber bevor es in den Garten geht, müssen die letzten Frostnächste überstanden werden. Die so genannten Eisheiligen lauern Setzlingen und Keimlingen auf. Doch was hat es mit der alten Bauernregel auf sich – und ist der Mythos längst überholt?

Untersuchungen zeigen: Kein Boden- und Luftfrost während der Eisheiligen

Zu den Eisheiligen zählen mehrere Namenstage von christlichen Heiligen, die am 11. Mai mit dem heiligen Mamertus beginnen und mit der heiligen Sophie am 15. Mai enden. Während dieser Tage sind – so der Mythos – traditionell die letzten Frostnächte zu erwarten. Oft fallen demnach nachts die Temperaturen während dieser Tage doch noch einmal in den Minusbereich. Für Menschen mit grünem Daumen kann das ein Problem werden: Die Frühlingsfröste schaden Pflanzen auf dem Balkon, der Terrasse und im Garten.

Da Mai der Übergangsmonat vom Frühling in den Sommer ist, sind solche Frühlingsfröste aus meteorologischer Sicht jedoch ganz normal. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese ausgerechnet während der besagten Eisheiligen auftreten, sei laut dem "Wetterkanal Kachelmannwetter", nicht größer als an anderen Tagen Anfang und Mitte Mai. Das zeigen Untersuchungen des Wetterkanals, aus denen hervorgeht, dass es vom 11. Mai bis zum 15. Mai in der großen Mehrheit der Jahre seit 1950 keinen Luft- oder Bodenfrost gab.

Auf Twitter heißt es von Jörg Kachelmann dazu: "Man sieht seit Jahrhunderten keine Besonderheit beim Temperaturverlauf zwischen dem 11. und 15. Mai, einem Zeitraum, den Sie 'Eisheilige' nennen."

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Früher hatten die Eisheiligen ihre Berechtigung

Damit spielt der Journalist auf die vielen Schlagzeilen an, die sich über die Eisheiligen jedes Jahr häufen. Mal sind es "verfrühte Eisheilige" mal "verspätete Eisheilige" – das Wetterphänomen ist in aller Munde.

Zumindest früher habe das aber auch seine Berechtigung gehabt, erklärt Andreas Friedrich, Meteorologe und Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD) unserer Redaktion. "Die Eisheiligen gehören zu den Lostagen und die sind nicht aus dem Nichts entstanden, sondern auf Basis von jahrelanger Beobachtung".

Als Lostagen bezeichnet man konkrete Tage im Jahr, an denen bestimmte Wetterphänomene laut Bauernregeln wahrscheinlicher auftreten. Sie machten Vorhersagen über die Wetterverhältnisse der nächsten Wochen möglich und waren für bestimmte landwirtschaftliche Arbeiten, etwa die Aussaat, bedeutsam.

Im kalten Mittelalter habe die Regel der Eisheiligen daher nicht nur ihre Gründe, sondern auch ihre Daseinsberechtigung gehabt, so der Experte des DWD. "Inzwischen leben wir aber in Zeiten der Klimaerwärmung, deswegen verschieben sich die letzten Nachtfröste immer weiter nach vorne."

Heutzutage gebe es laut des Meteorologen daher meistens schon in der ersten Maiwoche – also noch vor den eigentlichen Eisheiligen – die letzten Fröste.

Inzwischen haben die Eisheiligen an Bedeutung verloren.

Dabei müssten die Eisheiligen rein rechnerisch heutzutage sogar zu einem noch späteren Zeitpunkt stattfinden. Denn sie entspringen aus der Zeit des julianischen Kalenders und sollen demzufolge nach vom 11. bis 15. Mai sein. Mit der Kalenderreform 1582 wurde die Zeitrechnung allerdings 11 Tage vorgestellt. Im Gregorianischen Kalender müssten die Eisheiligen deswegen auf den Zeitraum vom 22. Mai bis 26. Mai fallen.

"Das passt auf Grund des Klimawandels aber erst recht nicht zusammen. Die Eisheiligen haben inzwischen daher mehr oder weniger an Bedeutung verloren", sagt der DWD-Experte.

Nach der ersten Maiwoche und den letzten Frösten habe man heutzutage im Prinzip nichts mehr zu befürchten. "Trotzdem sollte man natürlich die aktuellen Wettervorhersagen beachten. Einzelne Ausreißer kann es schließlich immer geben."