Die Überschwemmungen treffen die Obstbauern in Italien hart. Die Probleme könnten auch in Deutschland für höhere Obstpreise sorgen.

In den Überschwemmungsgebieten der Emilia-Romagna hat es aufgehört zu regnen. Die Lage bleibt aber kritisch, die Schäden sind immens. Mittlerweile ziehen sich Tausende junge Menschen Gummistiefel an und helfen beim Aufräumen. Viel zu tun ist vor allem auf den Feldern, die riesige Schäden erlitten haben.

Die "älteste" Landarbeitergenossenschaft Italiens Cab Terra hat zugelassen, dass ihre Felder künstlich geflutet werden, um die Stadt Ravenna vor noch größeren Schäden zu retten und die Auswirkungen der Überschwemmungen so weit wie möglich zu reduzieren. Das linke Ufer eines der Kanäle, die nördlich der Stadt Ravenna fließen, wurde mit Bulldozern durchbrochen und das Wasser in ein Gebiet von etwa 200 Hektar Felder und Pinienwälder geleitet, um den Druck auf die Stadt zu verringern, die von den Unwettern der letzten Tage mit am stärksten betroffen war.

Mit schwerem Gerät befreit die Feuerwehr nach einem Erdrutsch einen Straßenabschnitt in Norditalien von Schlamm (Aufnahme mit einer Drohne).
Mit schwerem Gerät befreit die Feuerwehr nach einem Erdrutsch einen Straßenabschnitt in Norditalien von Schlamm (Aufnahme mit einer Drohne). © Vigili del Fuoco/dpa

"200 Hektar Felder sind so überflutet worden", berichtet Fabrizio Galavotti, Präsident der Genossenschaft Cab Terra, die heute über 2000 Hektar Anbaufläche besitzt. Galavotti kann das Ausmaß der Schäden für die Felder noch nicht ganz abschätzen. Die Obsternte könnte für die nächsten vier bis fünf Jahre beeinträchtigt sein, erklärte der Bauernverband Coldiretti. Das in den Obstplantagen verbliebene Wasser hat die Wurzeln der Bäume "erstickt", sodass sie verfaulen, erklärte Coldiretti.

Obstproduktion in Italien: Werden Apfel, Birnen und Kiwi bald teurer?

Dies könne dazu führen, dass in einem Gebiet, das für seine Aprikosen-, Pfirsich-, Nektarinen-, Apfel-, Birnen-, Kiwi- und Erdbeerplantagen als die italienische "Obstregion" bezeichnet wird, bis zu 15 Millionen Pflanzen ausgerissen werden müssen, was sich erheblich auf die Preise auswirken wird. Laut Coldiretti werden mehr als 20 Prozent der italienischen Marillen und mehr als zehn Prozent der Pfirsiche und Nektarinen in der Romagna erzeugt.

Befürchtet wird ein starker Anstieg der Obstpreise. Vor der Flut waren diese bereits um 7,6 Prozent gestiegen. Nach der Katastrophe könnten die Auswirkungen noch gravierender sein. Bereits in den kommenden Wochen könnte es zu einem Rückgang des Obstangebots um 15 bis 20 Prozent kommen, so die Berechnungen von Italmercati, dem nationalen Netzwerk des Großhandels.

 Die Überschwemmungen in der italienischen Obstregion könnten sich auch auf Obstpreise in Deutschland auswirken.
Die Überschwemmungen in der italienischen Obstregion könnten sich auch auf Obstpreise in Deutschland auswirken. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

"Wir erwarten in den kommenden Wochen ein echtes Erdbeben in unserem Sektor. Die Überschwemmungen haben saisonale Produkte wie Birnen, Äpfel, Pflaumen, Kiwis und Weinreben, die noch nicht in der vollen Reifephase sind, zerstört, so dass es zu einem allgemeinen Rückgang der Qualität und Quantität von Obst und Gemüse kommen wird, was mit einem Anstieg der Kosten verbunden ist", sagt Italmercatis Präsident, Fabio Massimo Pallottini.

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Obstanbau in Italien: Milliardenschäden nach Unwettern

Mehr als 50.000 Landwirtschaftsunternehmen sind in der Region Emilia Romagna aktiv. Der Präsident des Verbands Confagricoltura, Carlo Carli, bezifferte die Schäden für die Landwirtschaft auf 1,5 Milliarden Euro. Allein die Wiederanpflanzung einer Obstplantage ist mit 50.000 Euro pro Hektar sehr teuer, und es wird voraussichtlich vier bis fünf Jahre dauern, bis die volle Produktion wiederhergestellt werden kann.

Die Unwetter verursachten auch schwere Schäden in der Viehzucht. In einem Viehzuchtbetrieb in der Provinz Ravenna ertranken rund 600 Schweine. Schutz, Wasser und Nahrung müssen für mehr als 250.000 Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen gesichert werden, die in den überschwemmten Ställen der Romagna gehalten werden. In der Gegend befinden sich etwa 400 Geflügelfarmen mit Hühnern, Legehennen und Puten, sowie fast 45.000 Bienenstöcke, von denen viele weggeschwemmt wurden, teilte der Landwirtschaftsverband Coldiretti mit, der von mehreren Tausenden von ertrunkenen Tieren berichtete.

Die Regierung um Premierministerin Giorgia Meloni will Zugang zum EU-Solidaritätsfonds beantragen, um die überschwemmten Gebiete zu unterstützen. Meloni hat erste Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Gebiete angekündigt. Verschiedene EU-Länder sagten im Rahmen des sogenannten EU-Katastrophenschutzverfahrens ihre Hilfe zu. Österreich, Deutschland, Frankreich, die Slowakei, Slowenien, Rumänien, Polen und Bulgarien stellen dem betroffenen Mittelmeerland Pumpausrüstung zur Verfügung, wie die EU-Kommission mitteilte.