Rom. Brunos gefährliche Schwester soll eingeschläfert werden, nachdem sie einen Jogger getötet hat. Italiens Promis kämpfen nun dagegen.

Das Schicksal einer alleinerziehenden Mutter von drei Kindern spaltet Italien. Unbescholten ist sie nicht: Sie tötete vor zwei Wochen in der norditalienischen Alpenregion Trentino einen Jogger. Am Montag ging Bärenweibchen JJ4 dann Förstern am Brento-Massiv in die Falle.

JJ4 ist die Schwester von Bruno, offizieller Name JJ1, für den Bayerns damaliger Ministerpräsident Edmund Stoiber das geflügelte Wort Problembär schuf. 2006 wurde Bruno erschossen und ist nun im Schloss Nymphenburg in München ausgestellt. Ähnliches soll auch JJ4 blühen – doch Tierschützer und Promis im ganzen Land wollen das nicht hinnehmen und setzen sich öffentlich für die Rettung des Bärenweibchens ein.

Die Dame befindet sich aktuell in einem Wildtiergehege bei Trient und wird dort in einem Käfig gehalten, wo sich bereits M49, ein weiterer Problembär, befindet. Hier wartet JJ4 auf ihr weiteres Schicksal. Das Weibchen hatte bereits 2020 zwei Jäger, Vater und Sohn, angegriffen und verletzt.

Der Trentiner Landeshauptmann fordert ihre sofortige Erlegung, das letzte Wort hat jetzt ein Verwaltungsgericht, das bis zum 11. Mai die Tötung des Tieres ausgesetzt hat. Findet sich kein Wildtierpark oder Zoo in Italien oder im Ausland, der die Bärin aufnimmt, droht ihr die Einschläferung. Lesen Sie auch: Die ungewisse Zukunft Deutschlands wilder Wisente

Bären sollen Italiens Tourismus gefährden

Der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti will sich weiter dafür einsetzen, dass das Gericht die Bärin zum Abschuss freigibt. 63 Bürgermeister von Trentiner Gemeinden schlossen sich seinem Appell an: „Aggressive und gefährliche Bären sollen getötet werden“, heißt es in einem Schreiben.

Die Bürgermeister fordern langfristige Lösungen und wollen, dass die Gemeinden innerhalb der Bärengebiete in die Entscheidungen einbezogen werden. Zudem verlangen sie eine Überprüfung des Projekts „Life Ursus“ und damit der europäischen Strategie zur Wiederansiedlung von Braunbären in den Alpen. Die Ortschefs beklagen auch Probleme für den Tourismus. Mehrere Urlaube im Trentiner Tal Val di Sole, in dem JJ4 den Jogger tötete, wurden storniert. Der Schaden für den Fremdenverkehr sei erheblich. Lesen Sie auch :Wölfe breiten sich weiter aus – mehr Nutztierattacken

Tierschützer: „Bären sind Teil der Alpen“

Anders die Einschätzung von Tierschützern. Sie plädieren dafür, Wildtierkorridore einzurichten und die Bevölkerung für den Umgang mit wilden Tieren zu sensibilisieren. Die Bären seien Teil der Alpen. Man müsse versuchen, gemeinsam zu leben. Der Tierschutzverband LAV schlug vor, JJ4 ins Ausland umzusiedeln. Auch der WWF kritisierte Landeshauptmann Fugatti und schreibt, es sei „kurzsichtig und ideologisch“, Dutzende Bären eliminieren zu wollen. Damit würden die Uhren um mehr als 50 Jahre zurückgedreht.

Auch Prominente schlossen sich dem Appell der Tierschützer an. Zu ihnen zählt die Schauspielerin Ornella Muti. „Es gibt viele Organisationen, die die Bärin in Sicherheit bringen können – sie einzuschläfern, wäre wirklich verrückt“, sagte die Filmlegende, die am vergangenen Samstag zusammen mit ihrer Tochter Naike Rivelli in Rom an einer Demons­tration gegen die Jagd teilnahm. Eine Gruppe von Parlamentariern in der Hauptstadt richtete eine Anfrage an Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin und fordert Gnade für JJ4.

Bayern nach Bärenspuren beunruhigt

Der Trentino hat schon seit mehreren Jahren Probleme mit dem Bärenclan von JJ4, dessen berüchtigter Spross Bruno war. Weitere Verwandte sind unterwegs: In der Nacht zum Mittwoch wurde ein Bär gefilmt, der zwischen den Gemeinden Lana und St. Pankraz durch bewohntes Gebiet streifte.

Auch im Tiroler Lechtal geht offenbar ein Bär um. Das Raubtier wurde in Stanzach von einer Wildtierkamera erfasst. Der Bär soll sich an einer Wildfutterstelle bedient und einen Rehbock gerissen haben. Das Skelett seiner Beute wird nun auf DNA-Spuren untersucht.

Auch das Bayerische Landesamt warnt Wanderer vor einem Bären, nachdem Spuren in den Bergen gefunden wurden. Der Landrat von Rosenheim, Otto Lederer, will dem unbekannten Tier an den Pelz: „Der Schutzstatus dieser Tiere muss überdacht werden“, sagte er.