Erfurt. Mehr junge Frauen sollen für Studienfächer und Berufe im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich begeistert werden.

Zu DDR-Zeiten waren Frauen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen und in technischen Berufen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Heute muss um das Interesse junger Frauen für diese Berufsbereiche intensiv geworben werden. Daher laden am Dienstag, 4. Juni, die Thüringer Koordinierungsstelle für Naturwissenschaft und Technik (Thüko NWT), die FH Erfurt und die LEG Thüringen Studentinnen zu einer Veranstaltung ein.

Dass es so schwer ist, die Enkelinnen-Generation der Baggerfahrerinnen und Ingenieurinnen aus DDR-Zeiten für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint) zu begeistern, hat gesellschaftliche Ursachen: Dass sich junge Frauen im Osten, die um 2000 geboren wurden, bei der Berufs- und Studienwahl „fast so wie die jungen Frauen aus den alten Ländern verhalten, zeigt, wie stark individuelle Berufswünsche von kollektiv geprägten Bildern und Diskursen“ abhängen, sagt Alexandra Busch.

In der DDR gab es für Frauen im technischen Bereich kaum eine Hemmschwelle. Mittlerweile gibt es freie Berufswahl und das heißt auch: Ich werde nicht gelenkt. Warum muss sich bei den jungen Frauen dennoch etwas ändern?

Das Berufswahlverhalten zeigt, wie stark individuelle Wünsche von gesellschaftlichen Entwicklungen und Erwartungshaltungen und von kollektiv geprägten beziehungsweise tradierten Bildern und Diskursen geprägt worden sind. Obwohl Männer und Frauen in Deutschland gleichberechtigt sind und theoretisch jeden Beruf ergreifen und ausfüllen können, wirken sich Traditionen, Vorurteile und unbewusste Voreingenommenheiten nach wie vor auf kollektive Berufsbilder und individuelle Berufswünsche, Karriereplanungen und Karriereverläufe aus. Hinzu kommen konkrete Entwicklungsbedarfe und -bedürfnisse in Wirtschaft und Wissenschaft, die die Berufsplanung junger Menschen ebenfalls beeinflussen. Hinzu kommt: „You can’t be what you can’t see.“

Das heißt?

Je mehr Baggerfahrerinnen und Ingenieurinnen ihre Berufsrollen selbstverständlich und selbstbewusst ausfüllen und je geringer ihr Orchideenstatus ist, desto größer ist die Chance, dass junge Frauen im familiären oder Lebenswelt-Umfeld und in den Medien eine Vielzahl lebendiger, vielfältiger und inspirierender Vorbilder finden. Wer Chancengleichheit erreichen möchte, muss von Anfang an – also schon im Kindergarten und in der Schule – für eine gelebte Praxis der Anerkennung von Vielfalt, also vor allem für Offenheit, Respekt und Durchlässigkeit sorgen. Junge Menschen, die immer wieder eigene und neue Wege suchen müssen, brauchen Ermutigung, Ermöglichung und überzeugende Vorbilder.

„Erfolgreich als Frau“ heißt?

Erfolgreich werde ich, indem ich mein Selbstbewusstsein stärke und mich mit professioneller Kompetenz und persönlichem Engagement den Anforderungen und der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt stelle. Erfolgreich bin ich, wenn ich ungebremst Leistung erbringen und Freude an meiner Arbeit haben kann. Nach außen sichtbar erfolgreich bin ich, wenn ich Wirtschaft und Wissenschaft wesentlich mitgestalte, aktiv in Führung gehe und selbst Vorbild werde; erfolgreich bin ich aber auch dann, wenn ich mir meine persönlichen Karrierevorstellungen ungehindert und unbehindert, also mit Freude und hohem Engagement, erfüllen kann und dabei selbst entscheiden kann, ob und wie ich unterschiedliche berufliche und private Rollen miteinander in Einklang und Balance bringe.

Vernetzung ist ein Thema beim Mint-Geflüster. Was bringen Netzwerke?

Netzwerke sind dann extrem hilfreich, wenn alle Beteiligten mit einer klaren, möglichst gemeinsamen Zielsetzung und ausgewogenem „give & take“ aktiv sind. Der Aufbau und die Pflege belastbarer Netzwerke erfordert im Unterschied zum „Speed-Dating“ Zeit und Verbindlichkeit. Gut gepflegte, lebendige Netzwerke und die darin mögliche aktive Ansprache von potenziellen Unterstützer*innen, Förderer*innen und Mentor*innen sind wichtige Karrierebausteine.

Haben Sie konkrete Tipps für junge Frauen, die in den Mint-Bereich wollen?

Wichtig ist, sich sehr gut über die besten und zu ihnen passenden Studien- und Ausbildungswege zu informieren, während des Studiums frühzeitig Praxiskontakte zu knüpfen und Praxiserfahrungen zu sammeln, sich erfahrene Bündnispartner*innen und Mentor*innen zu suchen. Wichtig ist, Klarheit über die eigenen Ziele und die eigene Motivation zu gewinnen, sich nicht verschrecken zu lassen, immer wieder neue Mutquellen zu erschließen und Konflikte und Konkurrenzkämpfe im beruflichen Feld niemals persönlich zu nehmen. Wichtigstes Motto: „I do it my way!“

Zum Leitartikel: Große Auswahl

Anmelden bis Samstag, 25. Mai, über www.thueko.de – Direktlink zur Veranstaltung am Dienstag, 4. Juni, in Erfurt: www.thueko.de/studentinnen/thueringer-netzwerkabend /