Berlin. Ein Massensterben von Seeigeln hat Auswirkungen auf Korallenriffe im Mittelmeer und Roten Meer. Wissenschaftler warnen vor den Folgen.

Ein bedrohliches Massensterben von Seeigeln gefährdet die Korallenriffe im Mittelmeer und im Roten Meer. Das gaben Wissenschaftler der Universität Tel Aviv in einer aktuellen Mitteilung bekannt. Als wahrscheinlicher Auslöser dieser Epidemie werden bestimmte Wimperntierchen identifiziert, die eine verheerende Wirkung auf die Seeigel haben.

Seeigel spielen eine äußerst wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Gesundheit von Korallenriffen. Sie ernähren sich von Algen, die andernfalls die Korallen überwuchern und zum Absterben bringen würden. Angesichts der bereits bestehenden extremen Bedrohungen für die Riffe stellt dieses Massensterben einen weiteren besorgniserregenden Faktor dar.

Besonders betroffen ist das Riffsystem in der Nähe der israelischen Küstenstadt Eilat, am Golf von Akaba gelegen. Den Wissenschaftlern zufolge wurde dort die gesamte Population der Diadema setosum, auch als Gewöhnlicher Diadem-Seeigel bekannt, innerhalb weniger Monate ausgelöscht. Ein infizierter Seeigel kann in nur zwei Tagen zu einem Skelett ohne Gewebe werden.

Kommentar: Auch beim Artenschutz ist Tempo angesagt

Zoologe fordert sofortige Maßnahmen zum Schutz der Diadem-Seeigel

Die Diadema setosum wurde erstmals im Jahr 2006 im Mittelmeer gesichtet und hat sich seitdem in der Region stark verbreitet. Ihr Massensterben begann zunächst im Januar 2022 auf den US-amerikanischen Virgin Islands und breitete sich in den folgenden Monaten auf weite Teile der Karibik aus. Schließlich erreichte die Epidemie auch das Mittelmeer und das Rote Meer. Die Ausbreitung dieser Epidemie erfolgte in einem bisher beispiellosen Tempo, wie von der Universität Tel Aviv betont wurde. In bestimmten Regionen des Golfes von Akaba starben Tausende von Seeigeln innerhalb weniger Wochen, bis keine lebenden Tiere mehr vorhanden waren. Ähnliche Entwicklungen wurden auch an anderen Orten beobachtet.

Ein sterbender Seeigel im Mittelmeer.
Ein sterbender Seeigel im Mittelmeer. © Courtesy of Tel Aviv University/dpa

Der israelische Zoologe Omri Bronstein warnt vor den dramatischen Folgen dieses Massensterbens und fordert dringendes Handeln, um noch gesunde Diadem-Seeigel zu retten. Er schlägt vor, eine Zucht der Art in isolierten Wassersystemen fernab des Meerwassers einzurichten, um diese Tiere zu bewahren und in Zukunft ihre Population wieder aufzubauen.

Die Forschungsergebnisse zu diesem Massensterben von Gewöhnlichen Diadem-Seeigeln wurden in den Fachmagazinen "Frontiers in Marine Science" und "Royal Society Open Science" veröffentlicht. Bereits im April berichtete ein Forschungsteam im Fachmagazin "Science Advances" über den einzelligen Parasiten als Ursache für das Massensterben von Atlantischen Diadem-Seeigeln in der Karibik, bei dem die Population um 85 bis 95 Prozent zurückging. Über das Risiko für andere Seeigelarten ist bisher wenig bekannt.

Massensterben in den 80ern führte zu Abbau von Korallenriffen

Wimperntierchen sind einzellige Organismen mit kleinen Härchen auf ihrer Oberfläche, die ihnen Beweglichkeit verleihen. Sie kommen häufig im Wasser vor und sind in der Regel harmlos. Allerdings wurden bereits Verwandte dieser Wimperntierchen für Massensterben bei anderen Meerestieren wie Haien verantwortlich gemacht.

Bereits in den 1980er Jahren gab es ein Massensterben der Art Diadema antillarum in der Karibik. Damals verschwand fast 98 Prozent der Population, und der Grund für das Sterben blieb unklar. Obwohl sich die Population später etwas erholte, führte das Massensterben zusammen mit anderen Faktoren zu einem rapiden Abbau vieler Korallenriffe. (dpa/bef)

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