Wie Tatmotive gewichtet werden. Von Fabian Klaus.

Die Zahl politisch motivierter Übergriffe im Bereich Rechtsextremismus geht zurück. Das sagt die offizielle Zählweise der Polizei. Aber die Opferberatungsstelle Ezra hat erneut eine andere Nachricht – und vermeldet einen Anstieg der Übergriffe im Vergleich zum vergangenen Jahr.

Was die unterschiedlichen Zahlen aber deutlich machen: Die Perspektive der von rechtsmotivierten Gewalttaten betroffenen Menschen bleibt entscheidend und wird offenbar von staatlichen Stellen anders, vielleicht sogar unzureichend berücksichtigt – wenn sich Betroffene dann doch zu einer Anzeige durchringen können. Wie beschreiben sie selbst den Angriff, der auf sie stattgefunden hat? In welchem Umfeld leben sie, dass man Rückschlüsse auf ein rechtes Tatmotiv ziehen könnte und sogar müsste? Die Opferberatung leistet hier wichtige Detailarbeit, um das Ausmaß des rechten Bedrohungspotenzials in Thüringen deutlich zu machen – wohin das führen kann, das zeigte ausgerechnet ein Angriff von mutmaßlichen Rechtsextremisten im eichsfeldischen Fretterode, bei dem zwei Journalisten nur knapp mit dem Leben davongekommen sind. Ob gegen die Tatverdächtigen das Verfahren am Landgericht Mühlhausen eröffnet wird, das ist fast ein Jahr nach der Tat noch nicht klar.

Viel zu selten wird deutlich, welche strafrechtlichen Konsequenzen rechtsmotivierte Übergriffe hatten und wie diese Tatmotivation in der Strafzumessung gewichtet wurde. Vertreter der Regierungskoalition sehen zurecht Änderungsbedarf. Wichtig wäre das deshalb, um deutlich zu machen, dass ideologisch motivierte Übergriffe auch harte Konsequenzen haben.

f.klaus@tlz.de

Opferberatung beklagt Anstieg von rechtsmotivierten Angriffen in Thüringen