Hanno Müller über den Streit zwischen Bund und Ländern.

Thüringen hat die höchsten Ansteckungsraten und den mit Abstand höchsten Anteil an Covid-Patienten auf Intensivstationen. Mediziner warnen, dass nach der dritten Welle viele Pflegekräfte abspringen werden, weil sie nicht mehr können, den Kopf in einer vierten Welle nicht mehr hinhalten wollen. Das sieht nicht nach erfolgreicher Corona-Schutzpolitik aus. Thüringen ist nicht in der Rolle, in Sachen Pandemiepolitik den Ton angeben zu können.
Wie ernst muss es noch werden? Die Konferenzen von Kanzlerin und Länderchefs waren zuletzt nur noch Kaspertheater. Hingezogen ist man mit blumigen Einigkeitsfloskeln, rausgekommen sind Papiertiger. Der Ruf von Angela Merkel nach dem starken Zentralstaat, der die Entscheidungen trifft, ist ein Eingeständnis mangelnder Autorität und des Versagens des Föderalismus. Entscheidungen auf welcher Grundlage bitte, die nicht schon hätten getroffen werden können oder müssen? Der Glaube an die erforderliche Kompetenz und Evidenz ist angesichts des allgemeinen Meinungswirrwarrs längst dahin. Aber es muss etwas passieren. Und wieder reiben sich die Beteiligten an juristischen Spitzfindigkeiten. Infektionsschutz sei Bundes-, Bildung Ländersache. Für die Frage, welchem Kompetenzbereich etwa Schulschließungen angehören, komme es demnach auf den Schwerpunkt der Regelung an.

Dieses Gezerre braucht kein Mensch mehr. Am wenigsten die, die auf Corona-Stationen stöhnen. Es muss entschieden gegen das Virus gehandelt werden. Vom Leben mit dem Virus kann man reden, wenn mehr Menschen geimpft und die Ansteckungen niedrig sind. Eine gemeinsame Kraftanstrengung täte not. In Sicht ist sie nicht.