Frank Quilitzsch über die Vergabe des Weimar-Preises 2020.

Ich weiß nicht, ob jemals ein Autor den Literatur-Nobelpreis (858.000 Euro) ausgeschlagen hat. Normalerweise sitzen am Tage seiner Verkündung die aussichtsreichsten Kandidaten neben dem Telefon und hoffen auf einen Anruf der Schwedischen Akademie. Beim Weimar-Preis (5000 Euro) ist das anders. Da bemüht sich nach mehrheitlich gefasstem Stadtratsbeschluss die vergebende Instanz, die Weimarer Kulturdirektion, um Kontakt mit der oder dem zu Ehrenden. Und das kann, wie in diesem Jahr bei Sigrid Damm, auch mal zwei Wochen dauern.

Im Falle von Thomas Thieme, der ihn 2018 erhalten sollte, war dies leichter: Es genügte ein Anruf auf seinem Handy. Nur, dass dessen Rückruf nicht die erwartete Antwort brachte: Der in Weimar geborene Schauspieler lehnte ab. Nicht so medienwirksam wie einst Marcel-Reich-Ranicki, der 2008 die Gala zur Fernsehpreisvergabe eine „armselige, grottendumme Veranstaltung“ nannte und ins Mikro schnarrte: „Ich nehme diesen Preis nicht an!“ Thieme blieb höflich, monierte aber Dilettantismus in der Jury. Die offenbar ungeliebten Kulturbotschafter Weimars wurden geflissentlich übergangen.

So auch wieder in diesem Jahr, in dem beispielsweise Nike Wagner 75 geworden ist. Fürchtete man vielleicht, dass auch sie Nein sagen könnte? Oder Bernd Kauffmann? Oder Stephan Märki? Wahrscheinlich will man die gar nicht haben. Nun erst recht nicht mehr.

Damit ist nichts gesagt gegen Sigrid Damm, eine würdige Preisträgerin, der ich die Ehrung von Herzen wünsche. Zumal sie im Dezember 80 wird. Aber Weimar wollte die sichere Nummer. Und bekam dennoch das große Zittern. Denn Sigrid Damm wollte es schriftlich und nahm sich Bedenkzeit.

Bleibt zu hoffen, dass die Verleihung am 3. Oktober auch in würdigem Rahmen stattfinden kann. Schließlich ehrt sich Weimar mit der Preisträgerin vor allem selbst.