Sibylle Göbel zum Awo-Skandal und einer ersten Personalentscheidung.

AJS-Chef Hack geht – aber nicht sofort und gleich, sondern nur etwas früher, als er und die Thüringer Awo-Spitze sich das vorgestellt hatten. Ein Schuldeingeständnis ist das nicht. Und schon gar nicht die geeignete Maßnahme, um verloren gegangenes Vertrauen vor allem bei Mitarbeitern und Ehrenamtlichen zurückzugewinnen. Denn nicht nur, dass der AJS-Chef sich als Opfer einer medialen Kampagne geriert und einen Fehler allenfalls darin erkennen kann, dass seine ach so zugewandte Arbeitsweise schlicht nicht mehr mit den Dimensionen des riesigen Awo-Tochterunternehmens Schritt hält.

Von rückhaltloser Transparenz, wie sie die Awo Thüringen versprochen hat, kann nach wie vor nicht die Rede sein: Weder werden die Gehälter und Vergünstigungen offengelegt, die Hack und sein Führungszirkel sich leisteten und weiter leisten, noch ändert sich grundsätzlich etwas an dem Geflecht gegenseitiger Abhängigkeiten, das in der Awo- und AJS-Spitze entstanden ist. Genauso wenig wie für jedermann nachvollziehbar vorgerechnet wird, welche öffentlichen Mittel die AJS wofür genau verwendet. Jeder Bürger muss seine Steuern pünktlich zahlen, weil sonst das Finanzamt anklopft. Die Awo aber genießt offenbar eine nicht erklärliche Nachsicht bei Geldgebern und Finanzbehörden.

Hacks vorzeitiger Rückzug ist, wenn man so will, nur eine Beruhigungspille. Der Rest des Führungszirkels aber soll so weitermachen wie bisher. Dabei wäre es angesichts der massiven Vorwürfe der einzig richtige Schritt gewesen, wenn der AJS-Aufsichtsrat komplett zurückgetreten wäre und die Gesellschafterversammlung eine über jeden Verdacht erhabene vorläufige Geschäftsführung eingesetzt hätte, bis auch die letzte Ungereimtheit aus der Welt ist. Das Awo-Erdbeben – es ist damit noch lange nicht verebbt.

s.goebel@tlz.de