Gerlinde Sommer zu einer aufwendigen Corona-Hilfe.

Haben Sie es schon gemerkt beim Einkauf in den vergangenen Tagen? Die meisten Einzelhandelsgeschäfte, allen voran die ganz großen, haben die zeitweilige Mehrwertsteuersenkung als Rabatt vorgezogen – und nicht auf den heutigen 1. Juli gewartet. Von 19 auf 16 und von 7 auf 5 Prozent geht die Mehrwertsteuer runter. Laufzeit dieser ganz schnell erdachten Maßnahme: ein halbes Jahr.

Für den Einzelhandel etwa heißt das vor allem: umetikettieren! Jetzt und an Silvester wieder. Und der Kunde? Der freut sich natürlich über jeden gesparten Cent beim großen Wochenend-Einkauf. Aber ist diese Kurzzeitmaßnahme tatsächlich gut, um die Konjunktur anzukurbeln? Natürlich: Wer sich sowieso eine neue Waschmaschine kaufen wollte, wird dies noch vor Jahresende tun. Es werden also Anschaffungen vorgezogen.

Aber die große Frage ist doch: Entspricht die Mehrwertsteuer überhaupt der Lebensrealität? Immer wieder stellt sich die Frage, warum es eigentlich auf manche Produkte des täglichen Bedarfs den verminderten Steuersatz gibt und auf andere nicht? Erst jüngst wurde endlich bei Hygieneartikeln für Frauen eine Neuordnung vorgenommen. Insgesamt aber erscheint dieser Bereich eine Reform nötig zu haben – auch mit Blick auf die Höhe im Vergleich mit Nachbarländern. Bisher hieß es, dies sei nicht die richtige Zeit für eine Neuordnung. Doch nun sind angesichts eines großen Konjunkturpakets plötzlich 20 Milliarden Euro für eine Maßnahme vorhanden, die nur ein halbes Jahr wirkt … Es lässt sich leicht sagen, dass diese 20 Milliarden effektiver und zielgerichteter zum Einsatz kommen könnten. Aber dafür ist es nun eh zu spät. Der Handel und der Mittelstand sehen sich herausgefordert. Und Anfang 2021 werden die Kunden beklagen, alles sei plötzlich so teuer geworden. Warum? Weil dann die Mehrwertsteuer wieder die alte sein wird.