Gerlinde Sommer zur weiteren Prüfung der Stasi-Zuarbeit.

Die Bespitzelung in der DDR war allgegenwärtig. Sie konnte jeden treffen. Und viele wurden angesprochen, Material zu liefern. Nicht jeder blieb standhaft. Ohne Stasi keine SED-Diktatur.

Die einen taten Dienst bei der Staatssicherheit. Die anderen hatten berufliche Kontakte zu „Horch & Guck“ – und sagen heute: Das war normal … Und was ist mit den IM? In der Rückschau erscheint es bisweilen so, als sei der einzelne Informelle Mitarbeiter, der über Kollegen, Nachbarn oder Freunde konspirativ Bericht erstattete, schlimmer gewesen als das ganze System. Das verkehrt die zwanghaften Zustände in der DDR – und es spricht Bände, dass in der Zeit nach der friedlichen Revolution eine derartige Verengung auf den Kreis der Schuldigen Raum greifen konnte. Die Justiz konnte bei den Berufsschnüfflern wenig ausrichten. So konzentriert sich die bittere Aufmerksamkeit meist auf einzelne Bürger, die aus ganz unterschiedlichen Motivationen – Verblendung, Angst, Bosheit, Gewinn- oder Gefallsucht … – schlecht über andere sprachen. Sage keiner von diesen, er habe nicht geschadet oder nicht schaden wollen. Jedem – ob IM oder Hauptamtlicher – musste klar sein, dass eine einmal gegebene Information in vielfältiger Weise bösartige Verwendung finden konnte.

Schon in der ersten frei gewählten und zugleich letzten Volkskammer gab es eine Reihe von Spitzeln. Die wenigsten haben von sich aus versucht, reinen Tisch zu machen. Seit 1990 gibt es Stasiüberprüfungen in den Parlamenten. Und diese wird es weiterhin geben. Das ist in Thüringen Konsens über alle Fraktionsgrenzen hinweg. Gut so.

Neben der Überprüfung aber ist jene Wahrheit und Klarheit nötig, die es braucht, damit die Nachgeborenen Lehren aus der Spitzel- und Diktaturgeschichte ziehen können. Das ist über den letzten Tag des letzten Spitzels im Parlament alle Mühe wert.