Sibylle Göbel zum neuen Streit bei der Arbeiterwohlfahrt.

Ausgerechnet im Jahr ihres 100. Geburtstages wird die Arbeiterwohlfahrt von mehreren Skandalen erschüttert. Erst am Freitag hat der Awo-Bundesvorstand die Frankfurter Mandatsträger aufgefordert, unverzüglich ihre Ämter ruhen zu lassen, bis alle Vorwürfe aufgeklärt sind. Es geht um Luxuswagen, ungerechtfertigt hohe Gehälter, Vetternwirtschaft.

Droht ein solches Beben jetzt auch dem Thüringer Awo-Landesverband? Ist auch Landesvorstandsmitglied Claudia Zanker Ungereimtheiten auf der Spur und mit ihrem mutigen Nachhaken der Landesspitze ein Dorn im Auge?

Tatsache ist zwar, dass die Staatsanwaltschaft Erfurt, die nach Untreue- und Betrugsvorwürfen gegen die Awo und die Awo AJS gGmbH bereits im Sommer 2016 zu ermitteln begann, diese Ermittlungen im Februar 2019 ergebnislos einstellte. Aber gerade vor diesem Hintergrund muss sich die Geschäftsführung die Frage gefallen lassen, warum sie nicht alles, was die Haushaltspläne anbetrifft, von vornherein und ohne langes Insistieren transparent darstellt. Schließlich finanziert sich die Awo nicht nur aus den Beiträgen ihrer Mitglieder, denen sie rechenschaftspflichtig ist, sondern beispielsweise auch aus Steuermitteln. Warum aber sind dann aber die Gehälter von Geschäftsführern ein Geheimnis, während jeder weiß, was die Bundeskanzlerin verdient? Fiele womöglich auf, dass sich die Awo nicht an der Beamtenbesoldung orientiert, obwohl genau das ihre Pflicht ist?

Wer nichts zu verbergen hat, kann die Dinge offen auf den Tisch legen. Und das Verunglimpfen von Personen, die die mit ihrem Amt übernommenen Aufgaben ernst nehmen, unterlassen. Dann erst wird die Basis davon überzeugt sein, dass auch der Landesverband ihre Ideale teilt. Anderenfalls aber können die Folgen - siehe Frankfurt - verheerend sein.

s.goebel@tlz.de