Gerlinde Sommer darüber, warum Ministerin Klöckner die Unbedarfte spielt.

Ach, wie gut sie sich verstehen: die Ministerin und der Mann von dem weltumspannenden Lebensmittelunternehmen. Sie möchte auf freiwilliger Basis erreichen, dass Fertignahrung weniger fett, süß oder salzig auf den Markt kommt. Er findet das gut: Eigentlich mache man das ja schon seit Jahren, aber man wolle weiterhin Rezepte verbessern. Sie lobt: Die Menschen mögen ihre Produkte ... Lächeln. Schnitt.

Fehlt nur noch, dass die beiden auf die „Reformulierung“ – so nennt man die Veränderung der Rezeptur – mit einem Süßgetränk anstoßen. Die Werbebotschaft der Ministerin ist klar: Sie will zeigen, dass ihre Freiwilligkeitsstrategie Erfolg hat. Fachleuten aus Medizin und Verbraucherschutz kritisieren das heftig. Der Vertreter des Lebensmittelunternehmens sagt verklausuliert: Wo es uns nützt, unterstützen wir Klöckner gern ... Ist ja bis zu einem gewissen Grad auch im Unternehmensinteresse, dass der ernährungsbewusste Verbraucher den Fertigprodukten nicht den Rücken kehrt.

Julia Klöckners Problem: Immer wirkt sie wie eine adrette Bittstellerin – und eben gar nicht wie eine Regierungsvertreterin, die klar formuliert, was wann erreicht werden muss. Nun lässt sich sagen: Viele ihrer Vorgänger verstanden ihr Amt auch als Lobbyismus für die Landwirtschaft. Klöckner geht einfach mit der Zeit – und einen Schritt weiter, wenn sie ihre eigenen Werbebotschaften mit Unternehmensvertretern dreht. Aber wer ihr das vorhält, dem wirft sie „Hatespeech“ vor. Es geht aber nicht um Hass, sondern um die Frage, wem sich die Ministerin verpflichtet fühlt.

Kinderärzte wollen süße Getränke an Schulen verbieten

g.sommer@tlz.de