Fabian Klaus über Mundschutz, der zur Pflicht wird.

Also wieder Jena: Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) lässt eine Mundschutzpflicht für den öffentlichen Raum verkünden – und prescht damit erneut in der Corona-Krise vor. Man könnte auch sagen: In Zeiten, in denen überall identische Regeln gelten sollten, tanzt der Liberale mit seinem Krisenstab wieder einmal aus der Reihe.

Was könnte dahinter stecken? Der Eindruck, dass hier ein politischer Überbietungswettbewerb stattfindet, drängt sich auf. Der Föderalismus, vielfach zurecht gepriesen, macht es leider möglich, dass Wettbewerb um das „bessere“ Krisenmanagement stattfindet.

Eifert Nitzsche hier dem bayrischen Ministerpräsidenten Söder (CSU) nach, der als erster weitgehende Ausgangsbeschränkungen verkündet hatte? Der Unterschied: Als der „Bayern-König“ vorpreschte, war längst klar, dass die Maßnahme unumgänglich sein wird, um die Ansteckungswelle einzudämmen. Einzig der frühe Zeitpunkt erschien strittig.

Bei der Mundschutz-Debatte sieht das anders aus. Die wirklich als wirksam eingestuften Masken sind kaum mehr verfügbar und sollten dem medizinischen Personal vorbehalten bleiben. Die Aufforderung zum kollektiven Nähen zeigt die Zweifel an der Realisierbarkeit der eigenen Vorgaben und wirkt – positiv formuliert – bestenfalls unbeholfen. Dass der Jenaer Oberbürgermeister am Dienstag ohne Mundschutz vor die Fernsehkamera getreten ist, um die Mundschutzpflicht zu verkünden und zu verteidigen, soll als Randnotiz zumindest nicht unerwähnt bleiben.

Bei allem in der Bevölkerung vorhandenen Verständnis für die Einschränkungen der Freiheitsrechte muss Politik aufpassen, nicht zu überziehen. Das gilt im Großen wie im Kleinen. Der Kampf gegen die Pandemie darf nicht zum Wettkampf um das schärfste Krisenmanagement werden.