Die Regierung in den Niederlanden ist wegen eines Streits über Migrationspolitik gescheitert. Wie geht es in dem Nachbarland weiter?

Die Regierungskoalition des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte ist am Streit über das Thema Einwanderung zerbrochen. Die Unterschiede bei den vier Koalitionsparteien bei der Migrationspolitik seien unüberbrückbar gewesen, sagte der Regierungschef am Freitag in Den Haag. Nun dürfte es zu Neuwahlen kommen. Experten gehen davon aus, dass diese erst im November stattfinden werden. Ob Rutte dabei erneut antreten will, blieb zunächst offen.

Er bedauere das Scheitern der Regierung, aber es sei „eine politische Realität“, betonte der Ministerpräsident. Am Samstag wird sich Rutte mit König Willem-Alexander treffen, um ihm die Lage zu erläutern. Bereits am Freitag hatte er dem Staatsoberhaupt schriftlich den Rücktritt des Kabinetts angeboten. Willem-Alexander unterbricht wegen der Regierungskrise seinen Urlaub und kehrt in die Niederlande zurück.

Auch interessant: „Migrationskrieg“ beim EU-Gipfel – Scheitert die Asylreform?

Regierungskrise in den Niederlanden: Koalition scheitert an Migrationsfragen

Zuvor war am Freitag eine Krisensitzung der vier Koalitionspartner unter Leitung Ruttes gescheitert. Wie andere europäische Länder ringen auch die Niederlande mit der Frage, wie sie mit der hohen Zahl an Einwanderern umgehen sollen. Die Mitte-Rechts-Partei VVD des Regierungschefs hatte strenge Regeln für Asylbewerber vorgeschlagen und gedroht, das Kabinett zu verlassen, wenn die von Rutte vorgeschlagenen Maßnahmen nicht verabschiedet werden.

Konkret forderte Rutte, die Familienzusammenführung für Kriegsflüchtlinge zu erschweren. Die christdemokratische Partei Christen Unie hatte erklärt, sie könne „mit Ruttes Vorschlag nicht leben“, auch die Mitte-Links-Partei D66 von Finanzministerin Sigrid Kaag lehnte die Forderung Berichten zufolge ab.

Niederländischer Premier Rutte tritt zurück

Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, spricht nach dem wöchentlichen Ministerrat zur Presse.
Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, spricht nach dem wöchentlichen Ministerrat zur Presse. © Robin Utrecht/ANP/dpa
Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, geht über den Binnenhof vor dem wöchentlichen Ministerrat.
Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, geht über den Binnenhof vor dem wöchentlichen Ministerrat. © Robin Utrecht/ANP/dpa
1/2

Niederlande: Zunehmende Flüchtlingszahlen und harte Sparmaßnahmen

Die Asylkrise in den Niederlanden hängt nicht nur mit dem hohen Zustrom an Flüchtlingen, sondern auch mit Entscheidungen der Regierung zusammen. So hatte diese Sparmaßnahmen ergriffen und Personal und Plätze in Aufnahmezentren gestrichen. Die Wartezeit für die Bearbeitung von Asylanträgen wurde immer länger. Zusätzlich sorgt die allgemeine Misere auf dem Wohnungsmarkt dafür, dass kaum Plätze in den Wohnheimen frei werden.

Lesen Sie auch: Windräder in der Nordsee – Niederlande mit einmaligem Schritt

Experten ordnen den Asylstreit jedoch auch als vorgeschobenen Grund für das Zerbrechen der Regierung ein. Die Vier-Parteien-Koalition hatte sich bei vielen Themen nicht einigen können, viele Entscheidungen stockten. Dieser Stillstand dürfte sich bis zu den Neuwahlen kaum auflösen. Wirtschaftsverbände pochen jedoch bereits darauf, dass wichtige Entscheidungen mit Blick auf den Arbeitsmarkt und die Kaufkraft der Bevölkerung nicht aufgeschoben werden dürfen.

Rutte ist seit inzwischen 13 Jahren Ministerpräsident der Niederlande und damit nach Victor Orban (Ungarn) auf Platz zwei der dienstältesten Regierungschefs der EU. In dieser Zeit regierte er mit vier verschiedenen Koalitionen – drei davon zerbrachen vorzeitig. (fmg/AFP/dpa)