Erfurt. Jahrelang haben sich Regierung und Opposition in Thüringen um die Novellierung des Schulgesetzes gestritten. Jetzt fand man eine Einigung und lobt sich selbst.

Nach jahrelangen Diskussionen hat Thüringen ein neues Schulgesetz. Mit den Stimmen aller anwesenden Abgeordneten verabschiedete der Landtag am Mittwoch die neuen Regelungen, die nach zähen Verhandlungen zwischen Rot-Rot-Grün auf der einen und CDU sowie FDP auf der anderen Seite erreicht worden waren. „Meine Stimmung ist sehr gut“, sagte Bildungsminister Helmut Holter (Die Linke) kurz vor der Verabschiedung des neuen Gesetzes am Mittwoch in Erfurt. Er hätte sich nicht träumen lassen, dass CDU und FDP ihn mit ihrem Abstimmungsverhalten einmal glücklich machen würden, sagte der Politiker.

Nach dem neuen Schulgesetz können etwa Eltern in Zukunft einfacher darüber entscheiden, ob ein Kind in den inklusiven Unterricht geht oder eine Förderschule besucht. Und: Eltern können ihr Kind künftig nicht nur in Ausnahmefällen von der Einschulung ein Jahr zurückstellen lassen können. Die Einigung sieht vor, dass nicht mehr allein medizinische Gründe ausschlaggebend dafür sind, dass Eltern eine solche Zurückstellung beantragen können. Das Letztentscheidungsrecht darüber, ob ein Kind ein Jahr später als geplant eingeschult wird, verbleibt allerdings bei den Schulleitern, obwohl die CDU darauf gedrungen hatte, dieses Recht auf die Eltern zu übertragen.

Unterschiedliche Vorstellung von beiden Lagern

Bei der Besonderen Leistungsfeststellung bleibt es, wie es ist: Damit angehende Abiturienten diesen dem Realschulabschluss gleichgestellten Abschluss bekommen, müssen sie eine Prüfung ablegen.

Über Änderungen am bisherigen Thüringer Schulgesetz war lange diskutiert worden. Dabei waren je ein Gesetzesentwurf von Rot-Rot-Grün und einer von CDU und FDP die Grundlage gewesen. In diesen Gesetzesentwürfen waren die unterschiedlichen Vorstellungen bei beiden politischen Lagern in der Bildungspolitik deutlich geworden. Während Rot-Rot-Grün beispielsweise die Prüfungen zur Besonderen Leistungsfeststellung in der zehnten Klasse an Gymnasien abschaffen wollte, hatten CDU und FDP dafür plädiert, diese Prüfungen beizubehalten. Zudem wollte Rot-Rot-Grün mehr gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne besonderen Förderbedarf, während die Union eine Stärkung von Förderschulen erreichen wollte.

Kompromiss klammert viele der strittigen Fragen aus

Der nun gefundene Kompromiss klammert viele der strittigen Fragen aus. Oftmals sei lediglich ein Minimalkompromiss erreicht worden, sagte die Grünen-Politikerin Astrid Rothe-Beinlich. Dennoch sei es gut, dass zumindest in diesen Punkten Einigkeit erzielt worden sei.

Auch der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christian Tischner, zeigte sich zufrieden. Unter anderem, dass die Schulen nun rechtssicher zum Beispiel auf Schulverwaltungsassistenten zurückgreifen könnten, bedeute einen wirklichen Fortschritt. So würden Schulleitungen und Lehrer von bürokratischen Aufgaben entlastet und hätten mehr Zeit, sich auf das Unterrichten beziehungsweise die Organisation des Unterrichts zu konzentrieren.