Berlin. Viele Verbraucher stehen dem Kauf eines E-Autos skeptisch gegenüber. Woran das liegt, zeigt eine exklusive Umfrage für diese Redaktion.

15 Millionen Elektroautos sollen im Jahr 2030 über Deutschlands Straßen rollen. So lautet das Ziel der Ampel-Koalition. Davon ist das Land allerdings weit entfernt. Von den 48,8 Millionen Pkw in Deutschland waren zum Jahresbeginn rund eine Million Fahrzeuge reine Elektroautos. Dass die Anzahl der E-Autos erstmal die Millionen-Marke überschritt, geht auf steigende Zulassungszahlen der E-Autos zurück. Ihr Bestand war zu Jahresbeginn um fast 64 Prozent höher als am 1. Januar des Vorjahres. Die Skepsis gegenüber Elektrowagen ist in der Bevölkerung allerdings noch weit verbreitet.

Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Deutschen kann sich derzeit nicht grundsätzlich vorstellen, ein Elektroauto anzuschaffen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für diese Redaktion. Gut ein Drittel (36 Prozent) kann sich den Kauf eines E-Autos vorstellen, neun Prozent sind unentschieden. An der Online-Umfrage beteiligten sich mehr als 5000 volljährige Bundesbürger. Jüngere stehen dem Kauf eines E-Autos demnach deutlich offener gegenüber als Ältere.

Ein Elektrofahrzeug wird an einer Stromtankstelle aufgeladen.
Ein Elektrofahrzeug wird an einer Stromtankstelle aufgeladen. © dpa | Patrick Pleul

E-Autos: Vielen Menschen sind die Wagen zu teuer

Der Grund für die Zurückhaltung vieler Menschen gegenüber Elektro-Pkw ist der Umfrage zufolge der Preis: Auf die Frage, was momentan am meisten gegen den Kauf eines Elektroautos spreche, wählten 39 Prozent die Antwortmöglichkeit „zu teuer“ aus. Knapp ein Fünftel (19 Prozent) gab an, ihnen sei die Reichweite der batteriebetriebenen Autos zu gering. Zehn Prozent sagten, es gebe in ihrer Nähe keine Ladestation. Elektroautos sind vergleichsweise teuer, Verbrenner sind nicht nur neu zu niedrigeren Preisen zu haben. Für sie gibt es im Gegensatz zu den E-Pkw auch einen großen Gebrauchtmarkt.

Für den Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer zeigen die Umfrageergebnisse eine Verunsicherung der Verbraucher. „Die Stimmung der Bevölkerung ist die Folge der Entscheidung von Wirtschaftsminister Robert Habeck, die Subventionen zusammenzustreichen“, sagte der Direktor des CAR-Center Automotive Research dieser Redaktion. „Das war ein klarer Fehler. Habeck hat bei der Elektromobilität die Handbremse angezogen.“

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Elektroautos: Förderprämien des Staates sinken 2024 erneut

Für den Kauf eines Plug-in-Hybrids gibt es seit Jahresbeginn gar keine Förderung mehr. Für Batterie-Autos hat der Staat die Förderprämien gekürzt: Käufer vollelektrischer Autos können statt 6.000 noch maximal 4.500 Euro erhalten, wenn ihr Wagen mit weniger als 40.000 Euro netto in der Verkaufsliste steht. Für teurere Fahrzeuge bis zu einem Netto-Listenpreis von 65.000 Euro gibt es noch 3000 Euro statt bislang 5000 Euro. Im kommenden Jahr sinken die Förderprämien weiter.

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Die Ampel-Koalition habe damit den Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland „zerstört“ – und das ausgerechnet unter einem grünen Wirtschaftsminister, sagte Branchenexperte Dudenhöffer. „Man kann nur den Kopf schütteln.“ Hinzu komme, dass der Strompreis in Deutschland weiterhin hoch sei. „Das Ergebnis: Das Elektroauto in Deutschland ist einfach zu teuer.“ Das sei viel entscheidender für Verbraucher als die Reichweite oder die Ladeinfrastruktur, bilanzierte Dudenhöffer.

„Das Elektroauto in Deutschland ist einfach zu teuer“, sagt der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer.
„Das Elektroauto in Deutschland ist einfach zu teuer“, sagt der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. © dpa | Nicolas Blandin

Expertin fordert: Höhere Kfz-Steuer für hohen CO2-Ausstoß von Autos

In der Civey-Umfrage gaben 60 Prozent der Teilnehmer an, aus ihrer Sicht müssten die Anschaffungskosten sinken, damit mehr Personen den Kauf eines Elektroautos in Erwägung ziehen. 55 Prozent sind außerdem der Meinung, die Reichweite der Wagen müsse verbessert werden, 53 Prozent nannten zudem einen schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur. Knapp ein Fünftel sagte, der Staat müsse seine Zuschüsse für den Kauf eines E-Autos erhöhen.

Die Denkfabrik Agora Verkehrswende schlägt vor, die Kfz- und Dienstwagenbesteuerung neu auszurichten, um den Anteil der E-Autos zu erhöhen – denn nur so könne Deutschland seine Klimaschutzziele erreichen. „Die Kfz-Steuer sollte in ein Bonus-Malus System beim Autokauf umgestaltet werden“, sagte die Projektleiterin Fahrzeuge und Abtriebe, Kerstin Meyer, dieser Redaktion. „Sie richtet sich nach CO2-Ausstoß und Gewicht des Fahrzeugs und setzt ein starkes Preissignal direkt bei der Erstzulassung.“ Kaufprämien für E-Autos sollten zunächst beibehalten werden und könnten durch diese Besteuerung gegenfinanziert werden.

Ladestationen für E-Autos: Schnellladepunkte an Supermärkten?

Meyer spricht sich außerdem dafür aus, die Dienstwagenbesteuerung so zu reformieren, dass sie sowohl Anreize zur Anschaffung von E-Autos setze als auch die steuerliche Privilegierung der häufig verbrauchsintensiven Dienstwagen beende. „Das ist wichtig, weil Dienstwagen besonders viel gefahren werden und meist nach wenigen Jahren über den Gebrauchtmarkt in privaten Besitz kommen“, sagte die Expertin. „Für ein noch dichteres und leicht zugängliches Netz von Ladepunkten sollte die Bundesregierung außerdem die Mineralölkonzerne in die Pflicht nehmen, mehr Schnellladepunkte zu errichten – auch an anderen Orten als an den Tankstellen, wie zum Beispiel an Supermärkten.“

Nach Einschätzung von Dudenhöffer wird es schwer werden, den Menschen das Elektroauto wieder „schmackhafter“ zu machen. „Wir sehen zwar sehen einen Preiskrieg unter den Herstellern, der aus China auch zu uns kommen wird“, sagte er. „Aber bis der in Deutschland und Europa wirkt, werden gut drei Jahre vergehen.“ Viele Menschen haben aber offenbar auch grundsätzliche Zweifel an der Elektromobilität: Auf die Frage „Glauben Sie, dass sich Elektroautos langfristig am Markt durchsetzen werden?“, antworteten in der Civey-Umfrage 58 Prozent mit Nein.

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