Berlin. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen gegen Aktivisten der „Letzten Generation“ vor. Wohnungen und Geschäftsräume wurden durchsucht.

Mit einer großangelegten Razzia sind Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch gegen die Klimaschutzgruppe Letzte Generation vorgegangen. Rund 170 Beamte durchsuchten ab dem frühen Morgen 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt mitteilten. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.

Die Durchsuchungen fanden an folgenden Orten statt:

  • Hessen: Drei Razzien im Landkreis Rhön
  • Hamburg: Eine Razzia in der Hansestadt
  • Sachsen-Anhalt: Eine Durchsuchung in Magdeburg
  • Sachsen: Zwei Razzien in Dresden
  • Bayern: Drei Durchsuchungen in Augsburg und München
  • Berlin: Vier Razzien
  • Schleswig-Holstein: Eine Razzia im Kreis Segeberg

Die Durchsuchungen verliefen ersten Informationen nach friedlich. Zudem wurde auf Anweisung der Staatsanwaltschaft die Homepage der Gruppe beschlagnahmt und abgeschaltet, wie ein Polizeisprecher sagte.

Ein Polizist während einer Hausdurchsuchung in Berlin-Kreuzberg – bundesweit waren mehrere Dutzend Beamte im Einsatz.
Ein Polizist während einer Hausdurchsuchung in Berlin-Kreuzberg – bundesweit waren mehrere Dutzend Beamte im Einsatz. © Christoph Soeder/dpa

Letzte Generation: Zahlreiche Strafanzeigen aus der Bevölkerung

Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte, die zwischen 22 und 38 Jahre alt sind. Festnahmen gab es zunächst nicht. Zwei der Verdächtigen stehen den Ermittlern zufolge im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren.

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Hintergrund der Ermittlungen und Durchsuchungen sind laut Staatsanwaltschaft zahlreiche Strafanzeigen. Die Gruppe macht regelmäßig mit Sitzblockaden und Aktionen in Museen auf die fatalen Folgen der Erderhitzung aufmerksam. Die Mitglieder kleben sich dabei häufig fest – an Straßen oder auch an Kunstwerken.

Konkret wird den Beschuldigten zur Last gelegt, eine Spendenkampagne zur Finanzierung „weiterer Straftaten“ für die Letzte Generation organisiert, diese über deren Homepage beworben und dadurch mindestens 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern eingesammelt zu haben. Das Geld sei auch überwiegend für die Begehung weiterer Straftaten eingesetzt worden, hieß es.

Aktivisten reagieren mit Kritik – Faeser verteidigt die Razzia

Klimaschutzaktivisten reagierten mit scharfer Kritik. Die Gruppe „Ende Gelände“ kritisierte auf Twitter, dass Razzien bei denen stattfinden sollten, „die vor der Klimakrise warnen, und nicht bei denen, die dafür verantwortlich sind“. Die Letzte Generation selbst fragte auf Twitter, wann Lobbystrukturen durchsucht und „fossile Gelder der Regierung“ beschlagnahmt werden würden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser verteidigte die bundesweite Razzia. „Die heutigen Maßnahmen zeigen, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Polizei und Justiz nehmen Straftaten nicht hin, sondern handeln – so wie es ihre Pflicht ist“, sagte die SPD-Politikerin dieser Redaktion. „Die rote Linie im Rechtsstaat ist ganz klar: Legitimer Protest endet immer da, wo Straftaten begangen und andere in ihren Rechten verletzt werden. Wenn diese rote Linie überschritten ist, dann muss die Polizei handeln.“

Im Zusammenhang mit Klimaprotesten hätten die Polizeibehörden im letzten Jahr mehr als 1600 Straftaten registriert. ‚Ein großer Teil davon geht auf Straftaten bei den Straßenblockaden und anderen Aktionen der ‚Letzten Generation’ zurück, so Faeser. „Ich habe nicht das geringste Verständnis für diese Aktionen und die begangenen Straftaten.“

Die Ministerin betonte: „Wir können die Klimakrise nur demokratisch bekämpfen. Der Rückhalt in unserer Gesellschaft ist die entscheidende Grundlage dafür. Wer andere im Alltag blockiert und ihnen das Leben schwermacht, der schadet dem Klimaschutz.“

Letzte Generation: Umfeld für die Aktivisten wird feindseliger

In den vergangenen Wochen hat sich das Umfeld für die Aktivisten zunehmend feindselig entwickelt. Frustrierte Autofahrer griffen die Demonstranten wiederholt an, zogen sie gewaltsam von den Straßen und das Landgericht Potsdam bestätigte erstmals den Verdacht, dass die Gruppe eine kriminelle Vereinigung sein könnte. Kanzler Olaf Scholz äußerte sich in dieser Woche äußerst kritisch und bezeichnete die Anklebe-Aktionen der Gruppe als „völlig absurd“.

Angesiedelt sind die Ermittlungen bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München betonte aber, dass das nicht bedeute, dass man die Letzte Generation als extremistisch oder terroristisch einstufe. „Wir gehen nach jetzigem Ermittlungsstand davon aus, dass es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt – wohlgemerkt nicht um eine terroristische“, sagte der Sprecher. Dies wolle man gerichtlich prüfen lassen. (dpa/afp/bef)

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