Erfurt. Das Anti-Rassismus-Bündnis lädt zu einem Vernetzungstreffen nach Erfurt ein. Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern im Blick.

Thüringen hat das Bündnis bewusst gewählt. Wenn heute und am Sonntag zahlreiche Menschen zur Aktivenkonferenz von „Aufstehen gegen Rassismus“ erscheinen und sich vernetzen, dann ist Erfurt schon deshalb Veranstaltungsort, weil hier im Herbst Landtagswahlen stattfinden – und das Bündnis eine zunehmende Gefahr von rechts für die politische Landschaft sieht. Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübckesei deshalb eine „Strategiedebatte über den Kampf gegen die AfD und die extreme Rechte dringend notwendig“.

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Die soll auf dem Vernetzungstreffen zwei Tage lang geführt werden und in einer Abschlusserklärung münden. „Wir müssen als Gesellschaft stärker werden“, sagt die Bündnis-Sprecherin Carla Botzenhardt auf Anfrage dieser Zeitung. Das Bündnis sehe seine Aufgabe genau darin, als Teil der Zivilgesellschaft Menschen über Rassismus und den Umgang damit aufzuklären.

Ein erfolgreiches Programm heißt „Stammtischkämpfer gegen Rassismus“. Mehr als 11.000 Menschen sind seit 2016 in diesem Programm ausgebildet worden. 700 Seminare haben bundesweit stattgefunden, 480 Ehrenamtliche engagieren sich als Seminarleiter. „Wir haben viele Anfragen und können nicht mehr alle bedienen“, sagt die Bündnis-Sprecherin, die aber froh ist, dass eine große Zahl von Menschen hinter diesem Programm stehe, das Menschen ermutigen soll, einzugreifen, wenn ihnen in ihrem Alltag rassistische Hetze begegnet.

Vereinsstrukturen zieht auch rechtsextreme Szene an

Besonders Vereine würden immer wieder die Hilfe annehmen und um Vorträge und Seminare anfragen.

Dass gerade Vereinsstrukturen gefährdet sind, von Rechtsextremisten und Rassisten unterwandert zu werden, wie es in der Vergangenheit immer wieder passiert ist, bestätigt auch Carla Botzenhardt. Vereine, sagt sie, seien gut strukturiert. Oftmals würden sie auch über eigene Räumlichkeiten verfügen. Das ziehe auch die rechtsextreme Szene an.

Für die Aktiven steht an diesem Wochenende aber vor allem der Wahlkampf in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Mittelpunkt. „Viele Menschen, das erleben wir, sind deshalb in großer Sorge“, sagt die Bündnissprecherin. Grund für diese Sorge seien die Wahlergebnisse der rechtspopulistischen AfD, die immer wieder durch ihre Vertreter die Grenze zum Extremismus überschreite. „Gegen diese Haltung gibt es aber eine Mehrheit und die müssen wir stärken“, ist der Tenor des Bündnisses.

Ein starkes Zeichen, sagt Carla Botzenhardt, wie zivilgesellschaftlicher Protest in Thüringen aussehen könne, seien die Gegendemonstrationen zum 1. Mai gewesen. In Erfurt hatte die AfD um ihren Frontmann Björn Höcke demonstriert, eine Vielzahl von Menschen verschiedener Bündnisse hatte sich dagegen gestellt. „Wir wollen, dass die rote Linie, die die AfD ständig überschreitet, wieder gezogen wird“, heißt es in einer Erklärung zur Veranstaltung. Die Grenze des Sagbaren sei dort wieder zu ziehen, wo Menschenrechte in Frage gestellt würden.

Die Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ wurde im Frühjahr 2016 gestartet. Hintergrund waren damals die Wahlergebnisse in verschiedenen Bundesländern. Seither wurden mehr als zwei Millionen Flugblätter und 200.000 Plakate in ganz Deutschland an den Mann oder die Frau gebracht.

Mobit: Netzwerke genauer untersuchen

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (Mobit) fordert, rechtsextreme Netzwerke auch in Thüringen genauer zu untersuchen. „Diese Netzwerke müssen aufgedeckt und zerschlagen werden“, forderte Romy Arnold, Projektleiterin der Beratungsstelle, am Freitag.

„Damit muss schon bei Rechtsrockveranstaltungen, die zur Vernetzung und letztlich auch Finanzierung der Szene dienen, begonnen werden.“ dpa