Weimar. Landtagswahlkandidaten aus dem Eichsfeld sollten am Dienstag bei einem Wahlpodium zu Wort kommen. Doch die Veranstalter bekamen kalte Füße.

Eigentlich hätten am gestrigen Dienstagabend im Eichsfeld Direktkandidaten aller Parteien zur Landtagswahl bei einem der traditionsreichen „Bodensteiner Gespräche“ Rede und Antwort stehen müssen. Doch daraus wurde nichts. Quasi im letzten Moment wurde das Podium abgesagt – und damit auch den Landtagsanwärtern von CDU bis Linke eine wichtige Möglichkeit genommen, sich den Fragen der Bürger zu stellen. Die Absage wurde damit begründet, dass die AfD – vertreten durch Björn Höcke – dort rechtspopulistische Positionen äußern könnte.

Moderieren sollte die Veranstaltung TLZ-Landesreporter Fabian Klaus, der bis zum Schluss für die Debatte gekämpft hatte, weil sie das einzige politische Forum für die gesamte Region vor der Landtagswahl gewesen wäre. Er war bereit, den Ablauf so zu gestalten, dass sie damit auch der Trauer um die Mordopfer von Halle und derer, denen der Anschlag eigentlich galt, gerecht geworden wäre.

Ralf-Uwe Beck, bei der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM) für Kommunikation zuständig, macht auf Nachfrage deutlich, der Freundeskreis der Begegnungsstätte Burg Bodenstein habe sich „nicht in der Lage gesehen und nicht die Kraft gehabt, in dieser Situation eine sachliche Diskussion zu gestalten“. Mitglieder des Freundeskreises und die Pfarrerin vor Ort seien „aus ganz Deutschland wegen der geplanten Veranstaltung angesprochen worden“. Das zeige, „wie aufgeheizt die Situation gerade nach dem Attentat von Halle ist“, schätzt Beck ein. Der Freundeskreis habe „gerade nach der Gewalttat, die einem rechtsextremen Nährboden entwachsen ist, solche Positionen nicht auch noch eine Bühne bieten“ wollen, heißt es.

Keine Wahlprüfsteine, dafür Vorschläge für die Koalitionsverhandlungen

In der EKM selbst gibt es ganz unterschiedliche Positionen, ob mit der AfD und speziell mit Flügel-Vertretern zu debattieren sei – oder nicht. „Kirchengemeinden oder Bildungseinrichtungen agieren eigenständig. Sie könnte bestenfalls zu- oder abraten und könnte bei der Abwägung unterstützen“, macht Beck deutlich. „Was für die Landeskirche gilt, gelte auch für den Landesbischof. Er kann sich nicht gegen einen Gemeindekirchenrat stellen, der in den Räumen einer Kirchengemeinde eine Veranstaltung plant“, betont Beck – und Bischof Friedrich Kramer habe eine solche Absicht auch gar nicht. Kramer habe „nach dem Attentat in Halle zu einer Menschenkette um die Synagoge aufgerufen“. Es gelte hier: „Kirche ist für andere da – oder sie ist nicht.“

Für Irritationen hat nicht nur die Absage des Podiums gesorgt. Für Erstaunen sorgte zudem, dass es keine Wahlprüfsteine geben soll. Die EKM habe davon „Abstand genommen, weil sie mittlerweile inflationär eingesetzt und von den Parteien oft nur halbherzig beantwortet werden. Deshalb hat die EKM Vorschläge für die Koalitionsverhandlungen formuliert. Diese werden sich nicht nur um rein kirchliche Belange drehen, sondern auch um Fragen, die den Menschen auf den Nägeln brennen: Bildung und Soziales beispielsweise“, so Beck. Die evangelische Kirche habe nicht vor, sich aus der Zivilgesellschaft und der demokratischen Landschaft herauszuhalten.

Antwort hat Beck auch auf die Frage, was er Kirchenmitgliedern rät, wenn sich bei der von der EKM angeratenen Nutzung des Wahl-O-Mats herausstellt, dass sie AfD-affin seien und sie dies erschrecke: „Es gibt nicht extra für die Wahl ein seelsorgerliches Angebot. Ich könnte mir auch vorstellen, wenn mehrere Kirchenmitglieder den Wunsch nach einer Auseinandersetzung mit den Wahlprogrammen haben und sich austauschen wollen, dass dafür auch Raum und Gelegenheit in einer Gemeinde gegeben wird“, so Beck.

Fazit: Derartiges wollte das Podium leisten. Kurz vor knapp wurde es abgesagt.