Jena. Immer mehr Einschnitte des öffentlichen Lebens in Jena wegen Corona-Virus

Das im Zuge der Corona-Epidemie erlassene Verbot von jeglichen Jenaer Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern soll auch bei kleineren Formaten mitbedacht werden. Das hat am Mittwoch Ordnungs- und Finanzdezernent Benjamin Koppe (CDU) als Chef des städtischen Krisenstabes zu verstehen gegeben. „Wer weniger als 500 Teilnehmer hat, sollte sehr wohl nachdenken, ob die Veranstaltung systemrelevant oder verzichtbar ist“, sagte Koppe in einer Info-Runde der Stadtverwaltungsspitze. Ein aktuell weiterer derber Einschnitt ins öffentliche Leben ist nun zum Beispiel die Schließung der Ernst-Abbe-Bücherei von Donnerstag, 12. März, an bis zum Dienstag, 14. April.

Höhere Bettenzahl vorhalten

Zwei Wochen nach Einberufung des Krisenstabs bleibt nach Koppes Darstellung zu konstatieren: In Jena sind bislang keine Infizierten nachgewiesen, deren es in ganz Deutschland 1600 und in Thüringen acht gibt. Jena könne auf die komfortable Lage bauen, dass dank des Uni-Klinikums innerhalb von 24 Stunden Nachweis-Bescheide erteilbar sind. Koppe sagte, die Stadt habe am Montag per Schreiben an die Landesregierung auf ein koordiniertes Vorgehen des Freistaats gedrungen.

Das betreffe etwa die Frage, wie mit Demos und Versammlungen umzugehen sei. Ist hier ein Verbot notwendig? Oder: Wie gehen wir um mit Gästen der Stadt aus Corona-Risikoländern? „Diese Fragen muss das Land beantworten.“ Überdies wäge die Stadt gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab, wie man noch besser auf die weitere Verschärfung der Lange eingestellt sein könnte. Bestehe zum Beispiel die Möglichkeit, „Praxen in Corona-Praxen umzuwandeln“?, so erläuterte Koppe.

Martin Pfeiffer, Chef des Fachbereichs Recht und Personal, sprach die mögliche höhere Epidemie-Stufe an, wenn auch in Jena viele Menschen erkrankt sein könnten. Darauf müsse sich gewiss das Universitätsklinikum UKJ einrichten. So sei wohl zu schauen, im welchem Maße sich Wahlleistungen verschieben lassen, um für die Intensivtherapie eine höhere Bettenzahl vorhalten zu können. „Das ist unsere Forderung an das UKJ.“

Das Heim bitte ohne Kindergartenkeim

Sozialdezernent Eberhard Hertzsch und die designierte Amtsärztin Enikö Bán berichteten, dass aktuell – Stand Mittwoch – 13 Jenaer Corona-Verdachtsfälle abzuarbeiten seien, die sich in Heim-Quarantäne befänden. Wegen der Epidemie hat laut Hertzsch das Team des Gesundheitsamtes seine Aufgaben neu gewichtet. Von den zehn Ärzten seien zwei von den Schuleingangsuntersuchungen abgezogen worden wegen der mannigfaltigen Krisen-Erfordernisse. Blick in den Saale-Holzland-Kreis: Dort sind elf Kontaktpersonen des ersten bestätigten Corona-Falls ermittelt und unter Quarantäne gestellt worden. Für 20 beschwerdefreie Rückkehrer aus Risikoländern ist ebenfalls Quarantäne angeordnet worden.

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Alle Alten- und Pflegeheime sind vom Sozialdezernenten auf dem Elektropost-Weg noch einmal auf die besonderen Hygiene-Erfordernisse dieser Tage hingewiesen worden. Zudem habe sein Dezernat ganz einfache Info-Plakate versandt, sagte Eberhardt Hertzsch. Dringend sei abzuraten, mit einem Schnupfen seine Anverwandten im Heim zu besuchen oder die lieben Kleinen mitzubringen, die dann „Kindergartenkeime verteilen“. Hier gehe es also „viel um Verständnis“.

Kulturarena noch nicht betroffen

„Es gab keinen Kollegen, der die Richtigkeit angezweifelt hat.“ Das sagte Jenakultur-Vize Carsten Müller zum Entscheid, Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern abzublasen. Man sei mit den Kriterien den Leitlinien des Robert-Koch-Instituts gefolgt: Besucherdichte, viele ältere oder viele internationale und Risiko-Gäste. Deshalb also das Aus für die Trödelmärkte bis zum 18. April, für den Thüringer Holzmarkt und das Konzert von Anna Depenbusch am 4. April, das Museumsfest am 14. und 15. März. – Und: Bis zum 19. April sind alle Philharmoniekonzerte abgesagt, zumal sie von einem großen Anteil „deutlich älteren Publikums“ besucht würden.

Abo-Rückerstattungen seien erst nach Ende der Spielzeit möglich. Auch zu den Nutzern der Ernst-Abbe-Bücherei zählten „besonders gefährdete Zielgruppen“, sagte Jenakultur-Chef Jonas Zipf. Da die Erreger bis zu neun Tage wirksam blieben, sei hier eingedenk der vielen Leih-Medien und der täglich 1000 Nutzer eine Desinfektion undenkbar. Indessen sei die Kulturarena von den Auflagen nicht betroffen – „Stand: jetzt“, fügte Zipf an.

Tickets zurück ab 19. März

Ein Wort zu den Eintrittskarten abgesagter Veranstaltungen: So sie über das Jenakultur-Ticketsystem oder in der Jenaer Tourist-Information erworben wurden, werden sie rückerstattet, erläuterte Carsten Müller. Aus organisatorischen Gründen können die Tickets aber erst vom 19. März an zurückgenommen werden.

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Längst seien bei der Stadtverwaltung auch Anfragen zur Entschädigung abgesagter Veranstaltungen eingegangen, berichtete Martin Pfeiffer. „Aber wir sind nicht für Entschädigung zuständig.“ Das Landesverwaltungsamt sei hier „die Entscheidungsbehörde“, obwohl noch nicht geklärt sei, wer da zahlt. Wer bestellt, muss zahlen? Nein, sagte Pfeiffer, jener Grundsatz falle in dem Naturkatastrophenfalle auseinander.

Die Ernst-Abbe-Bücherei wird bis zum 14. April geschlossen. Bücher und sonstige Medien, deren Leihfrist innerhalb dieses Zeitraums ausläuft, gelten bis zur Wiedereröffnung als „automatisch verlängert“. Das Museumsfest der Städtischen Museen Jena unter dem Titel „Willkommen und Abschied“ am Wochenende, 14. und 15. März, entfällt. Das für den 4. April im Volkshaus Jena geplante Konzert von Anna Depenbusch findet nicht statt.

Die Ernst-Abbe-Hochschule hat ihren Hochschulinformationstag am 4. April abgesagt. Der für Samstag geplante Berufs-Info-Markt im Jenaer Volkshaus findet aufgrund der aktuellen Gesundheitsgefährdung nicht statt. Die am 27. März in Jena geplante Veranstaltung „Tag der Physik & Astronomie 2020“ der Universität fällt aus. Das Frühjahrskonzert mit dem Sinfonieorchester Carl Zeiss Jena am 5. April fällt aus.